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21. Jahrh.

Die Orgel im Hauptschiff

Auf der Empore über dem Eingang zum Westchor steht die Orgel. Sie ist eine moderne Ergänzung aus dem Jahre 2006. Die Musik, die Sie hören, ist eine Aufnahme dieses Instruments. Die Katharinenkirche hatte vermutlich schon im 14. Jahrhundert eine Orgel. 1871 erhielt die Kirche eine Orgel aus der bedeutenden Werkstatt Eberhard Friedrich Walckers. Einige berühmte Organisten spielten auf ihr, darunter Max Reger und der evangelische Theologe, Arzt und Organist Albert Schweitzer. Diese Orgel wurde durch ein Nachfolgeinstrument der Orgelbaufirma Gerald Woehl ersetzt. Beim Abbau der alten Orgel wurde das gesamte historische Pfeifenmaterial genau untersucht. Das Ergebnis: Aus der bedeutenden Walcker-Orgel sind 19 Register teilweise bzw. einige Register ganz erhalten. Die Pfeifen aus dem Spätwerk Walckers zeichnen sich durch eine besondere Güte des Materials und eine außerordentlich exakte Herstellung aus, wie man sie heute kaum findet. Es sind wohl Pfeifen von Walckers letzter noch erhaltener Orgel. Die Erhaltung und Integration dieser Register war daher beim Orgelneubau von zentraler Bedeutung. Zu Pfingsten 2006 konnte die neue Woehl-Orgel eingeweiht werden.
weiterführende Literatur
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Die Orgel auf der Westempore

21. Jahrh.

Der Raum der Stille

Neben dem Westchor befindet sich der Raum der Stille. Durch ein kleines Portal gelangt man dort hin. Dieser Raum ist als ein ruhiger Raum für das private Gebet konzipiert. Der Engel aus Bronze im hinteren Bereich, entworfen von der Oppenheimer Künstlerin Carmen Stahlschmidt, prägt die Atmosphäre. Die abstrakte Figur ist ebenso ein Sinnbild für Kummer und Trauer wie auch für Zuversicht, Geborgenheit und Erlösung. „Er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf all deinen Wegen“, steht in Psalm 91, Vers 11 zu lesen.
weiterführende Literatur
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Raum der Stille
Der Engel von Carmen Stahlschmidt Fotografie, die auch im Film verwendet wurde

21. Jahrh.

Der Garten

Neben der Michaelskapelle befindet sich der Kapellengarten. Er ist über eine Außentreppe zu erreichen und ähnelt in seiner Erscheinung den Kreuzgärten mittelalterlicher Klöster. Im Oppüenheimer Garten spiegelt sich auch die klösterliche Tradition wider, vielfältige Pflanzen und Kräuter anzubauen. So sind hier Pflanzen zu entdecken, die bereits in der Bibel Erwähnung fanden. Auch alte Rosensorten gestalteten den Garten mit.
weiterführende Literatur
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Der Garten aus der Vogelperspektive

21. Jahrh.

Das Lapidarium

Unter dem Kappellengarten befindet sich das Lapidarium. Eine Ausstellung beherbergt originalen Bauschmuck, der von abgebauten oder beschädigten Teilen der Kirche stammt. An vielen Stellen ersetzen heute Kopien die Originale am Bauwerk. Ein beeindruckendes Beispiel ist der abgebildete Wasserspeier, der ursprünglich am Nordquerhaus hing und von der großen Restaurierung aus dem 19. Jahrhundert stammt. Im Hintergrund befinden sich vier original mittelalterliche Schlusssteine aus den abgebrochenen Bereichen der Seitenkapellen.
weiterführende Literatur
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Ausgebauter Wasserspeier im Lapidarium

2023

Die Schwalbennestorgel

Nicht alle Fenster im Westchor sind gleich groß. Bei einem Joch fehlt der untere Teil. Eine kleine Tür mit Brüstung ist zu sehen. Früher hing hier eine sogenannte Schwalbennestorgel. Sie fiel dem Brand von 1689 zum Opfer. Heute gint es Überlegungen zum Bau einer neuen Orgel. Die digitale Simulation zeigt, wie das Instrument, das 1689 zerstört wurde, in neuer Form im Raum wirken könnte. Zu sehen ist hier zunächst eine Vorstudie, die es zu konkretisieren gilt. Mit einer Schwalbennestorgel ist vor allem die Musik des 17. Jahrhunderts, die Musik von Buxtehude und Händel, die Lieder von Paul Gerhardt und Johann Franck ganz neu zu erfahren – Musik, die die Woehl-Orgel so authentisch nicht in Szene setzen kann.
weiterführende Literatur
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Blick im Westchor auf die Stelle der verlorenen Schwalbennestorgel
Simulation einer neuen Schwalbennestorgel

Heute

Unverwechselbar – die Katharinenkirche in Oppenheim

Hoch über der Stadt... Der großartige Anblick der Oppenheimer Katharinenkirche aus südlicher Richtung bewegt seit Jahrhunderten die Menschen. Die Planungen zum Bau der Kirche berücksichtigten die exponierte Lage auf dem Bergsporn. Deshalb wurde die Südseite der Kirche als reich geschmückte Schaufront entwickelt. Die Kirche bildete den Mittelpunkt der ehemaligen freien Reichsstadt . Sie ist repräsentativer Ausdruck eines im Mittelalter blühenden Gemeinwesens. Seit dem Beginn der bau- und kunstgeschichtlichen Forschung im frühen 19. Jahrhundert wird St. Katharinen als wichtigster Kirchenbau der Gotik am Rhein zwischen Straßburg und Köln gewürdigt. Stilistisch können zahlreiche Beziehungen zu Kirchenbauten im Osten Frankreichs und im westdeutschen Raum aufgezeigt werden. Eine Besonderheit stellt die sonst nur bei Bischofskirchen übliche Doppelchörigkeit der Katharinenkirche dar. Das Erscheinungsbild der Katharinenkirche wurde im Laufe der Jahrhunderte durch unterschiedliche Stifter, Bauherren und Nutzungen geprägt. Die jüngere Baugeschichte von St. Katharinen - und auch von Oppenheim selbst – war geprägt von Zerstörung und Wiederaufbau. Diese wechselvolle Geschichte spiegelt sich wider in überaus zahlreichen historischen Bild- und Schriftquellen.
weiterführende Literatur
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Ansicht Oppenheims von Südosten.
Katharinenkirche und Altstadt von Oppenheim, Ansicht von Süden.
Die Katharinenkirche aus der Vogelperspektive

2022

Kirchen sind Orte in denen man sich Gott zuwenden kann

Für Dr. Volker Jung sind Kirchen geistige Orte, Orte in denen man sich Gott zuwendet – alle Jahrhunderte übergreifend. Auf diese Weise werden uns Zeitlosigkeit und Zeitgebundenheit zugleich bewusst.
weiterführende Literatur
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2022

Von Taubenschwänzchen und Widderchen

Als Ersatz für diejenigen Pflanzen, die die anhaltende Trockenheit nicht aushalten konnten, werden jetzt auch mediterrane Gewächse angepflanzt; zudem auch Pflanzen aus Südost-Europa, die nicht nur eine hohe Trockenheitstolerant aufweisen, sondern auch winterhart sind. Manche dieser Pflanzen sind bei Insekten sehr beliebt.
weiterführende Literatur
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Pflanzen liefern Nahrung für Falter: hier ein Taubenschwänzchen auf der Spornblume, ein Widderchen auf dem Dost und ein Schwalbenschwanz - auch auf dem Dost. (Foto 3)

2022

Die Orgel spielt

Das Spielen einer Orgel ist eine inspirierende Partnerschaft zwischen dem Raum selbst, der Orgel und der Organistin oder dem Organist.
weiterführende Literatur
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2022

Klang und Glaube

Die Orgel ist eines der wenigen Instrumente, die den Raum selbst zum Klingen bringen.
weiterführende Literatur
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2022

Die Orgel und der Raum der Kirche

Propsteikantor Ralf Bibiella erklärt anschaulich, warum eine Orgel im Kirchenraum so gut klingt
weiterführende Literatur
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2022

Ein ganz persönlicher Eindruck

Für Heike Otto ist die Katharinenkirche ein Ort, der Sie mit allen Sinnen anspricht. Darüber hinaus versteht Sie – aus Ihrer fachlichen Perspektive – die historischen Kirchenbauten nicht nur als Zeuge ihrer Zeit, sondern, in Bezug auf uns heute lebende Menschen, als Brückenbauer zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Philosoph Odo Marquard hat das einst so formuliert: Zukunft braucht Vergangenheit.
weiterführende Literatur
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2022

Kirche und Jugend

Pfarrer Simon Ahäuser spricht über die Beziehung zwischen Kirche und Jugend. Er macht deutlich, dass die Impulse der Jugend für die alltägliche Arbeit der Kirche von hoher Bedeutung sind. Im Dialog mit der Jugendgruppe wird deutlich, dass für viele Jugendliche die Katharinenkirche in Oppenheim ein Stück Heimat ist.
weiterführende Literatur
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2022

Der Lieblingsort

Pfarrerin Manuela Rimbach-Sator führt die Besucherinnen und Besucher zu markanten Orten innerhalb der Katharinenkirche – und Sie verrät uns auch Ihren ganz persönlichen Lieblingsort.
weiterführende Literatur
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2022

„Glaubt Gott an uns?“

"Glaubt Gott an uns?“ Auf diese provokante Frage gibt uns Dr. Volker Jung, der Kirchenpräsident der EKHN, seine ganz persönliche Antwort.
weiterführende Literatur
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2022

Der Kirchenraum ist immer Teil der christlichen Botschaft

Durch die Umgebung und durch die Zusammensetzung der Gemeinde verändert sich auch die Botschaft einer Predigt, darauf weist uns Dr. Volker Jung, der Präsident der EKHN, hin.
weiterführende Literatur
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2022

Kirchen sind Orte des Dialogs

Kirchen sind und bleiben Orte des Dialogs – für ein Zwiegespräch mit sich selbst; für ein Zwiegespräch mit Gott, sagt Dr. Volker Jung, der Präsident der EKHN.
weiterführende Literatur
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2022

Kirchen als Zeichen ihrer Zeit

Dr. Volker Jung, der Präsident der EKHN, versteht Kirchen als Zeichen Ihrer Zeit. Gerade die gotischen Kirchen – wie die Katharinenkirche in Oppenheim – können als Stein gewordene Metaphysik angesehen werden. Zugleich steht die Pracht der Katharinenkirche auch für das Selbstbewusstsein der einstigen Freien Reichsstadt Oppenheim und ihrer Bürgerinnen und Bürger.
weiterführende Literatur
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2022

Akelei - die Blume des Heiligen Geistes

Der Kapellengarten wurde im 2007 Jahr nach dem Vorbild eines Klostergartens angelegt und wird liebevoll von unserer Bürgermeisterin Silke Rautenberg und ihrem Ehemann gepflegt. Da sich in Europa keine originalen mittelalterlichen Gärten erhalten haben, sind wir auf schriftliche Quellen und bildliche Darstellungen angewiesen, wenn wir mehr über die historische Gartenkultur erfahren wollen. So wissen wir, dass die Wege eines Klostergartens in Kreuzform ausgerichtet waren, mit einem "Brunnen des Lebens" in der Mitte. Fast jede Pflanze im Garten hatte nicht nur eine praktische Bedeutung - zum Beispiel als Heilkraut oder als Obstbaum - sondern auch eine symbolische, mystische Bedeutung. Auch solche Pflanzen wachsen bei uns im Kapellengarten.
weiterführende Literatur
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Die Akelei wird häufig auch als die Blume des Heiliges Geistes bezeichnet.

2022

Der “Konfirmanden-Kübel”

Im Sommer 2022 starteten wir ein Projekt mit unseren Konfirmanden,das vom EU Förderprogramm LEADER finanziert wurde. Dabei entstanden am Katharinenlädchen zwei Pflanzkübel, die mit heimischen und insektenfreundlichen Pflanzen bepflanzt wurden. Die Pflanzen dafür kamen größtenteils aus dem Kirchgarten. In einem nächsten LEADER-Projekt wollen wir mit naturnahen Rosen, Gehweg-Fugen-Begrünung (mit heimischen, z. T. duftenden Pflanzen) und im Frühling blühenden Zwiebelblumen arbeiten.
weiterführende Literatur
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Der “Konfirmanden-Kübel”

2022

Ein Rausch von Farbe und Duft

Als wichtigen Teil unserer Arbeit sehen wir es an, Menschen von der Schönheit naturnaher Gärten zu überzeugen. Dafür bieten wir Führungen an; und die Gemeinde wird über das Geschehen im Garten durch den Gemeindebrief laufend informiert. Die Aktion "Spendenkauf", bei der interessierte Besucherinnen und Besucher eine Einführung zu hiesigen Pflanzen hören und danach Pflanzen aus dem Kirchgarten gegen eine Spende erwerben können, ist auch populär.
weiterführende Literatur
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Das Hochbeet: Ein Rausch von Farbe und Duft - und obendrei ein echtes Paradies für Insekten.

2022

Die Pfingstnelke steht auf der Roten Liste gefährdeter Pflanzen

Die Erhaltung gefährdeter Wildpflanzen außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes ist eine Möglichkeit, ihr Aussterben zu verhindern. Im Kirchgarten der Katharinenkirche haben wir drei solcher Arten, die Teil des Programms "Erhalten gefährdeter Pflanzen" sind. Wir arbeiten hier zusammen mit dem Botanischen Garten Mainz, der uns die Setzlinge zur Verfügung gestellt hat. Es handelt sich um Graue Skabiose (Scabiosa canescens), Pfingstnelke (Dianthus gratianopolitanus) und die Samt-Rose (Rosa sherardii).
weiterführende Literatur
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Die Pfingstnelke (Dianthus gratianopolitanus) steht auf der Roten Liste gefährderter Pflanzen.

2022

Die Weinbergs-Tulpe

Im Kirchgarten wachsen ganz besondere, für unsere Region spezifische Zwiebelpflanzen, die zur sogenannten Weinbergsflora gehören. Das sind Pflanzen meist mediterraner Herkunft, die seit dem Mittelalter mit dem Weinbau hierher eingewandert sind. Bis in die 1970er-Jahre schmückten diese Pflanzen die Weinberge im Frühling. Sie profitierten von der jahrhundertelang gleichbleibenden, manuellen Hackbewirtschaftung der Rebgassen. Außerhalb der Weinberge kamen diese stark angepassten Arten so gut wie nicht vor. Durch den starken Einsatz von Maschinen und verstärkten Gebrauch von Herbiziden landeten alle diese Pflanzen auf der Roten Liste. Im Kirchgarten finden sich folgende Arten: die Weinbergs-Traubenhyazinthe (Muscari neglectum), die Weinbergs-Tulpe (Tulipa sylvestris), der Nickende- und Dolden-Milchstern (Ornithogalum nutans und O. umbellatum), die Schopfige Traubenhyazinthe (Muscari comosum) und der Acker-Gelbstern (Gagea villosa).
weiterführende Literatur
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Die Weinbergs-Tulpe (Tulipa sylvestris)

2022

Der diskrete Charme des Felsen-Fingerkrauts

Natürlich sind bei uns auch heimische Pflanzen präsent. Praktisch alle heimischen Blütenpflanzen sind insektenfreundlich und es gibt einige Insektenarten, die sogar auf ganz bestimmte Pflanzen spezialisiert sind. Manche dieser Pflanzen stehen unter Naturschutz und sind in der Roten Liste gefährdeter Pflanzen aufgeführt.
weiterführende Literatur
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Gefährdet: Der diskrete Charme des Felsen-Fingerkrauts

2017

Blütezeiten im Garten

Im Verlauf der Jahre haben sich viele Pflanzen wegen der immer öfter vorkommenden trockenen Jahre nicht am Standort halten können. Deshalb kam die Idee auf, die Pflanzung im Kirchgarten mit trockenresistenten Pflanzen zu ergänzen. Seit 2017 wuchs die Anzahl entsprechender Pflanzen, so dass im Moment mehr als 150 unterschiedliche Arten und Sorten im Kirchgarten wachsen. Das Konzept für den Garten basiert auf drei Komponenten: Erstens: Es geht darum, die bestehende Pflanzung naturfreundlich zu ergänzen. Zweitens: Wir legen Wert auf eine naturfreundliche und nachhaltige Pflege. Drittens: Wir wollen unsere Besucherinnen und Besucher für die Idee des Naturschutzes begeistern und möchten sie durch die Schönheit eines naturnahen Gartens inspirieren.
weiterführende Literatur
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Blütezeit im Hochbeet 2020

2008

Der Altar

Hinter dem schlichten Altar befindet sich ein modernes Altarbild. „Das zweiteilige Altarbild (Diptyque) besteht aus Acryl, Compositgold und Blattgold auf Leinwand, je 250 x 120 m groß. Das Werk des in Guntersblum und Darmstadt lebenden Malers Johann P. Reuter ist eine malerische Interpretation eines Werkes des französischen Komponisten Olivier Messiaen. „Essai über das Leben und die glückselige Ewigkeit“ nennt Messiaen sein Werk, das Reuter mit den Mitteln der Farbe und des kostbaren Materials neu interpretiert. Zum 100. Geburtstag Olivier Messiaens fand das Diptychon im Altarraum der Katharinenkirche im Rahmen einer Ausstellung seinen Platz.“ * Die Kirchengemeinde konnte das 2008 entstandene Altarbild durch Spenden erwerben.
weiterführende Literatur
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Der Altar

1978-1998

Die Glasfenster im Westchor

Die beeindruckenden Glasfenster in Westchor stammen aus dem 20. Jahrhundert und wurden von den Künstlern Gustl Stein, Heinz Hindorf und Hermann Geyer angefertigt. Das letzte entstand 1998. Ein Joch fällt auf, da hier das Fenster erst höher ansetzt. Früher befand sich darunter eine Schwalbennestorgel. Die Motive der Glasfenster in diesem Joch greifen in vielfältiger Weise das Thema Weinbau auf und haben so auch einen lokalen Bezug zu Rheinhessen als Weinbaugebiet. Sie zeigen Gleichnisse von Jesus mit dem Weinberg oder stellen allgemein das Arbeiten im Weinberg dar. Ganz oben Christus in der Kelter. Die Weinpresse als kreuzförmiges Marterwerkzeug. Eine drastische Bebilderung der Wandlung von Wein in Blut. Dieses Glasfenster wurde von dem Künstler Heinz Hindorf angefertigt, von dem auch weitere Fenster im Westchor stammen.
weiterführende Literatur
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Glasfenster mit Darstellungen zum Weinbau
Christus in der Kelter

2006

Das Bepflanzungskonzept des Kapellengartens

In den Jahren 2006 und 2007 wurden die Außenanlagen der Katharinenkirche neu angelegt. Dabei entstanden der Kapellengarten im Stil der frühen klösterlichen Gärten und die großen extensiven Strauch- und Staudenpflanzungen an der nördlichen Kirchenseite.
weiterführende Literatur
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Bepflanzungskonzept des Kapellengartens, Büro Junker-Mielke (Worms)

2006

Der Raumklang

Ein staunenswertes Faszinosum neben der umfangreichen Windversorgung ist die weitverzweigte und dennoch hochsubtil den ästhetischen und künstlerischen Willen übertragende Spielmechanik. Vom Spieltisch ausgehend muss durch sie in den hintersten Winkeln der ausgedehnten Klangmaschine zeitgleich die Tastenbewegung in eine Ventilbewegung übersetzt werden – bei machbarem Kraftaufwand und stimulierender Fühlbarkeit des spielerisch bewegten Klangs. So ist bei feiner mechanischer Traktur ausdrucksklar die An- und Absprache des Klangs, mithin das „Anschlagen“ und noch differenzierter das „Loslassen“ der Taste vernehmbar. Allein die hinter den Tasten sich ausbreitende Traktur und Koppelanlage erfordert die voll volle Konzentration des darauf spezialisierten Orgelbaumeisters für ein gesamtes Arbeitsjahr. Nebenbei sind die Anforderungen an das dabei verarbeitete feinjährige Fichtenholz aus Hochlagen mit dem Wuchs stark retardierenden Wachstumsbedingungen enorm.
weiterführende Literatur
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Skulpturaler Raumklang

2006

Zum Aufbau der Orgel

Auf der Empore stehen wir mittig vor dem Spieltisch, der eigentlichen Schaltzentrale mit den klar angeordneten drei Manualen, mit den vielen Tasten für das Spiel der Hände und dem Pedal für das Spiel der Füße. Rechts und links davon sieht man die Reihen mit den Registerzügen, mit denen die gewünschten Klangfarben wie Aromen aus einem großen Gewürzschrank ausgewählt werden können. Trotz der vielen Tasten, die zunächst an die Spielabläufe des Klavierspiels denken lassen, ist die Orgel von ihrer Klangerzeugung her ein Blasinstrument. Ihre musikalische Qualität wird daher entscheidend vom guten und richtigen Atem bestimmt, der von einer komplexen und weit verzweigten Gebläseanlage erzeugt wird: dem Orgelwind. Die Windversorgung erfährt in der langen Entwicklungsgeschichte der Orgel immer wieder einschneidende technische Neuerungen. In der Katharinenkirche befindet sich die Gebläseanlage außerhalb des Kirchenraumes im Turmraum, damit in der Kirche keinerlei Motorgeräusche zu hören sind. Dieses große Gebläse kann bis zu 53.000 Litern Luft in der Minute bewegen.
weiterführende Literatur
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Spieltisch, Manuale, Pedal
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Blick auf das Pfeifenwerk des Hauptwerks

2006

Die Orgel als raumfüllendes Instrument

Der Königin der Musikinstrumente zu begegnen, kann nur dann gelingen, wenn das Hören zu einem ganzheitlichen Erlebnis wird – das heißt, nicht nur mit den Ohren erfolgt, sondern die vom Orgelklang ausgehenden Schwingungen mit dem gesamten Körper erspürt werden. Kein anderes Musikinstrument geht mit dem Raum eine so untrennbare Symbiose ein wie die Orgel; vom ersten planenden Gedanken bis zum letzten, in den Raum hinein intonierten Pfeifenton, entsteht jeweils ein absolutes Unikat, das ohne den Raumklang Entscheidendes seiner musikalischen Persönlichkeit verlieren würde. Im Ostchor der Katharinenkirche steht die Hauptorgel auf der Orgelempore und entsendet ihre Klänge aus der Höhe – was ihre Begabung zur Transzendenz unterstützt. So heißt es auch oft überpersönlich: „Die Orgel spielt“, und der Spielende tritt in den Hintergrund; seit 2006 „spielt“ in der Katharinenkirche die Woehl-Orgel. Der eigentliche Standort der Orgel drängt sich dabei nicht gleich auf, doch ist die über acht Meter hohe Raumplastik des Orgelgehäuses mit ihren bis zu 6 Meter hohen sichtbaren Pfeifen bald ausgemacht. Das Orgelgehäuses ist überwiegend in einem grünen Farbton gehalten, was komplementär zum Sandsteinrot des Kirchengebäudes eine harmonisch Zwiesprache hält. Auch die Proportion der großen Orgelarchitektur – immerhin die Größe eines dreistöckigen Wohnhauses – folgt harmonischen Gesetzen: Der goldene Schnitt ist in allen Maßzahlen bestimmend und lässt den Gesamteindruck beinahe zierlich erscheinen.
weiterführende Literatur
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Der Königin auf ihrer Empore
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Orgelprospekt auf der Empore, Relief von der Seite

2006

Die Stimme der Katharinenkirche

Die Orgel wurden von Gerald Woehl über einen Zeitraum von acht Monaten vom Kirchenraum aus intoniert und hat dadurch eine enorm differenzierte Farbigkeit und Ausdruckskraft gewonnen. Charakteristische Zungen, brillante Flöten, farbige Streicher und ein machtvolles, jedoch nie starkes Plenum sind als Ergebnis der leidenschaftlichen Arbeit am Klang heute zu hören. Daneben ist auch der weiche Charme des romantischen Walcker-Klanges vernehmbar. Rückgrat des großen Klanggebäudes ist die differenzierte offene Windversorgung mit zehn Bälgen, die für einen Luftstrom von bis zu 53.000 Liter Luft in der Minute sorgen.
weiterführende Literatur
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Die Woehl-Orgel in voller Pracht - als Raum- und Klangskulptur

2006

Die Woehl-Orgel

Beim Bau der Woehl-Orgel im Jahr 2006 wurde das vorhandene Walckersche Pfeifenmaterial zum Teil wiederverwendet. Immerhin konnten 19 Register der Walcker-Orgel auf die ursprüngliche Bauform und den damit intendierten Klangcharakter zurückführen werden. Die Orgel hat heute, wenn man so will, einen deutschromantischen Kern, der von der Werkstatt Gerald Woehl zu einem überaus harmonischen und vielseitigen sinfonischen Gesamtkonzept ergänzt wurde. Disponiert in 57 klingenden Registern – verteilt auf 3 Manuale und Pedal – entstand ein raumfüllender, poetisch wie dramatisch ausdrucksmächtiger Klang, dessen Einzelklangfarben, zu mehr als der Hälfte in überaus effektiven Schwellkästen stehend, von überraschend dynamischer und räumlicher Wirkung sind.
weiterführende Literatur
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Gambe 8‘ von Walcker im Hauptwerk, deutlich erkennbar am helleren oberen Pfeifenkörper: die gekürzte und damit klanglich stark veränderte Pfeife wurde bei der Restaurierung wieder auf ihre ursprüngliche Länge und Klangcharakteristik zurückgeführt

20. Jahrh.

Die Oppenheimer Sammlung – ein einmaliger Bestand an Objekten

Von den umfangreichen Restaurierungsarbeiten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben sich bis heute viele Zeugnisse erhalten. Der Sammlungsbestand umfasst über 100 Werksteine vom Mittelalter bis zum frühen 20. Jahrhundert, Bodenfliesen, Reste der Verglasung und Bauteile aus Holz. Darüber hinaus finden sich etwa 500 Gipsobjekte der Restaurierungsmaßnahmen zwischen 1830 und 1940 sowie Metallschablonen aus der Zeit von 1878 – 1889. Die große Anzahl an maßstäblichen Modellen und Abgüssen macht die Oppenheimer Sammlung einmalig – auch im Vergleich zu den Beständen der Kölner Dombauhütte. Abgüsse von verwitterter Bauskulptur sind bislang nur aus Oppenheim bekannt. Schon bei der ersten Einrichtung der Sammlung im Jahr 1927 befand man die Gipsteile als ausstellungswürdig. Um die Anschaulichkeit zu verstärken, wurden die Modelle farbig gefasst. Diese Wertschätzung der Gipsmodelle führte dazu, dass sich bis heute ein einmaliger Fundus in der Katharinenkirche erhalten hat.
weiterführende Literatur
[1]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[2]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
[3]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70.
[4]
Exemplarische Objektauswahl verschieder Materialien aus der Oppenheimer Sammlung

1974-1998

Einst und jetzt – der Bestand der Oppenheimer Glasmalerei

Der einzigartige Bestand an historischer Verglasung verleiht der Katharinenkirche ihre ganz besondere Ausstrahlung – bei Sonnenschein wird der Kirchenraum in ein Meer aus Farben getaucht. Seit dem 15./16. Jahrhundert sind Reparaturarbeiten an der Verglasung der Fenster belegt. Die Zerstörungen des Jahres 1689 haben im Bestand der historischen Glasmalerei schwere Schäden hinterlassen. Dass sich die mittelalterliche Glasmalerei während des Stadtbrandes in der Kirche befand, lässt sich anhand von Ruß-Spuren an den Scheiben noch heute belegen. Im 19. Jahrhundert ergänzte man die historischen Fenster im Osten und im Langhaus der Kirche durch neue Gläser mit mittelalterlicher Motivik. Im Zuge dieser Maßnahmen versetzte man auch die Reste des Passionsfensters aus dem beschädigten Westchor in das mittlere Fenster des Altarhauses. Der Westchor erhielt seine farbige Verglasung erst in den Jahren 1974 - 1998, die eine ältere Verglasung aus hellem Kathedralglas ersetzte. Stets bestand das Bestreben, die Fensteröffnungen nicht nur mit Glas zu verschließen, sondern für die Verglasung bunte Scheiben zu verwenden. Die kostbaren, mittelalterlichen Glasmalereien wurden während des 2. Weltkriegs zum Schutz ausgebaut und erst 1947 wieder eingesetzt. Zudem wurden die Glasfenster zwischen 1991 und 2001 in beispielhaft Weise restauriert und schutzverglast, so dass die Scheiben heute – geschützt und farbenprächtig – der Katharinenkirche ihre einzigartige Aura aus farbigem Licht verleihen.
weiterführende Literatur
[1]
Becksmann, Rüdiger: Die mittelalterliche Farbverglasung der Oppenheimer Katharinenkirche. Zum Bestand und seiner Überlieferung. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 357‒405.
[2]
Dölling, Regine: Oppenheim, St. Katharinen. Regensburg 2000. (Große Kunstführer Schnell und Steiner) Band 208.
[3]
Gast, Uwe / Engert, Ulrich: Die Katharinenkirche in Oppenheim. (Meisterwerke der Glasmalerei 5) Regensburg 2012.
[4]
Ivo Rauch: Die Farbverglasung der Oppenheimer Katharinenkirche ‒ Ihre Wiederherstellung zwischen Romanik und Historismus. In: Bornschein, Falko / Brinkmann, Ulrike / Rauch, Ivo: Erfurt, Köln, Oppenheim. Quellen und Studien zur Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Farbverglasungen Berlin 1996, S. 150–201 u. 264‒272. (Corpus vitrearum medii aevi. Deutschland‒Studien, Bd. 2).
Kreuzigungsszene, heute im Scheitelfenster des Ostchores, ehemals Westchor.
Blick in den Westchor.

2006

Die Lunge der Orgel

Der Luftstrom für die Erzeugung der Töne wird über ein System von Holzkanälen und Bälgen zu den einzelnen Pfeifen in der jeweils nötigen Menge und dem richtigen Druck geführt werden. Dazu brauchen – wie beim Spielen eines Blasinstrumentes auch – tiefe Töne viel Luft – aber niedrigeren Druck, hohe Töne weniger Luft – aber höheren Druck. So stehen bei den Pfeifen eines jeden Manuals ein Balg für die Tiefe und einer für die Höhe. Auf den Bälgen sieht man rote, an ihrer Oberfläche versiegelte Ziegelsteine liegen. Durch deren Gewicht wird der Druck des erwarteten Klanges der Register genau einreguliert. Sie müssen also genau so auf den Bälgen liegen und dürfen sich auch bei wechselnder Luftfeuchtigkeit nicht mit Feuchtigkeit vollsaugen, wodurch ihr Gewicht höher und der Druck größer würde. Im Pedal mit den größten und tiefsten Pfeifen, die im Orgelgehäuse ganz hinten stehen, gibt es für die große erforderliche Luftmenge sogar drei Bälge, von denen einer besonders auffällt: Er ist ausschließlich für die zwölf tiefsten Töne zuständig. Diese nehmen so viel Raum ein wie die Pfeifen eines kompletten Manualwerkes und klingen für das 32-Fuß-Register. Es reicht hinab bis zu etwa 16 Hertz und ist weniger vom Ohr hörbar als vielmehr mit dem ganzen Körper, aber auch am Vibrieren der Kirchenbänke, zu erspüren.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
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Gebläse und Hauptbalg im Balghaus, im Turmraum platziert und damit vom Kirchenraum aus unhörbar, hier wird die gewaltige Luftmenge erzeugt
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Die Bälge sind mit roten Ziegelsteinen beschwert.

1977-1998

Glasfenster im 20. Jahrhundert

Im 20. Jahrhundert sind vor allem die neuen Fenster im Westchor zu erwähnen. Von Künstler Heinz Hindorf wurde 1977 das Schöpfungsfenster im Scheitel angefertigt. In das traditionelle Bildthema sind thematisch passende, moderne Szenen eingefügt. Die beiden Fenster neben der Schöpfung mit Christus und Heiligem Geist schuf 1978 der Künstler Gustl Stein. Damit fasst er die drei Fenster zu einer Darstellung des apostolischen Glaubensbekenntnisses zusammen. Ebenfalls von Hindorf stammen die Fenster aus den Folgejahren zu den Themen: Geschichte Oppenheims, Weinberg, Gleichnis sowie den Evangelisten. Das neueste Fenster im Westchor „Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung“ von Hermann Geyer 1998 ist im Duktus kühner als die übrigen Fenster.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Moderne Farbverglasung im Westchor.
Weinbergsfenster.

1959

4 Köpfe - 4 Lebenszeiten

Bis in das 20. Jahrhundert wurde der mittelalterliche Bauschmuck ergänzt; so auch bei den vier Köpfen in den Ziergiebeln auf der Südseite der Kirche. Sie zeigen die Entwicklung des Menschen: vom Kind über einen jungen Mann, einen älteren Mann - mit den Gesichtszügen des damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss - bis hin zum Greis. Das Konterfei von Theodor Heuss entstand im Zuge von Erneuerungsmaßnahmen im Jahr 1959.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Ausschnitt der Südfassade mit Kopf des Kindes
Detailansicht mit Kopf des Kindes
Detailansicht des Kopfes mit den Gesichtszügen von Theodor Heuss

1950er

Albert Schweitzer und die Walcker-Orgel

Albert Schweitzer schätzte die von Eberhard Friedrich Walcker gebaute Orgel in der Katharinenkirche so sehr, dass er bei Aufenthalten in Deutschland in den 1950er Jahren stets das Instrument spielte und es schließlich in einem Gutachten, das er zusammen mit dem befreundeten Straßburger Orgelbauer Alfred Kern ausarbeitete, als sehr qualitätvoll und gut erhalten lobte. Dennoch hat die Orgel die Zeit der neobarocken Reformbewegung nicht überstanden und wurde durch eine neue Orgelanlage ersetzt.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Albert Schweitzer an der Walcker-Orgel.

1934-1937

Sanierung der Oppenheimer Katharinenkirche unter Paul Meißner

Noch nicht einmal 50 Jahre nach der durchgreifenden Restaurierung unter Friedrich von Schmidt stand eine zweite große Sanierungskampagne an. Durch die zunehmende Luftverschmutzung und bautechnische Probleme der vergangenen Sanierungen waren großflächige Beschädigungen an den reich gestalteten Langhauswänden zu beklagen. Weiterhin waren viele Dächer undicht geworden, da die Regenwasserableitung nur unzureichend funktionierte. Um weitere Schäden zu verhindern, entschied sich der mit der Sanierung beauftragte Denkmalpfleger und Architekt Paul Meißner zu einer großflächigen Erneuerung verwitterter Werksteinpartien an den Fassaden. Weiterhin wurden die Dächer der Seitenschiffe und das Dach über dem Nordturm erneuert. Im Vierungsturm war darüber hinaus der Einbau einer Stützkonstruktion aus Beton nötig, um den fragilen Gesamtaufbau des Turmes zu stabilisieren. Als Meißners Hauptwerk im Zusammenhang mit der Oppenheimer Kirchensanierung gilt die Rekonstruktion des 1703 eingestürzten Westchorgewölbes. Obgleich Meißner der zeichnerisch überlieferte mittelalterliche Gewölbeplan im Musterbuch des Straßburger Münsterbaumeisters Hans Hammer noch nicht bekannt war, gelang es ihm, das Gewölbe in den wesentlichen Grundzügen richtig zu erfassen. Die Rekonstruktion des Gewölbes geschah auf Betreiben des Oppenheimer Historikers und Weingutbesitzers Ernst Jungkenn. Jungkenn gelang es, eine Reihe wichtiger Persönlichkeiten für das erneute Restaurierungsprojekt zu motivieren. Am 6. März 1933 durfte er zusammen mit dem Hessischen Gesandten in Berlin, Ministerialrat Dr. Edward, im Haus des Reichspräsidenten von Hindenburg und im Reichsministerium des Inneren sein Anliegen vorbringen. Nach einem Vortrag Jungkenns im Südwestdeutschen Rundfunk am Ostersonntag 1933 wurde die Sanierung schließlich als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ab Herbst 1934 genehmigt. Den Gepflogenheiten der Zeit folgend, wurden viele Werksteinbauteile mit Steinmetzzeichen in Form von Hakenkreuzen signiert.
weiterführende Literatur
[1]
Paul Meißner: Zur Baugeschichte der Katharinenkirche zu Oppenheim. In Beiträge zur Kunst und Geschichte des Mainzer Lebensraumes. Festschrift für Ernst Neeb. Mainz 1936, S. 64-80.
[2]
Georg Zimmermann: Paul Meissner, ein Darmstädter Baukünstler. In: Archiv für hessische Geschichte der Altertumskunde, Jahrgang 1991, S. 291–342.
[3]
Helmut Böhme: Die Technische Hochschule Darmstadt 1933–1945. Blick auf Dozentenvertreibungen und Widerstand. In: Exodus der Wissenschaften und der Literatur. Darmstadt 2004, S. 13–36.
[4]
Annegret Holtmann-Mares, Christiane Salge (Hrsg.): Paul Meißner (1868–1939). Ein Architekt zwischen Tradition und Aufbruch. Spurbuch-Verlag, Baunach 2019
C. Hertel, Katharinenkirche – Innere Ansicht des Westchors (1876).
Westchor, Katharinenkirche Oppenheim, Gewölbeuntersicht.

1934-1937

Das spätgotische Westchorgewölbe

Das heutige Gewölbe im Westchor der Oppenheimer Katharinenkirche stammt aus der Wiederherstellungsphase von 1934-1937. Es berücksichtigt die nach dem Gewölbeeinsturz von 1703 verbliebenen Gewölbeansätze sowie drei im Original erhaltene Knotenpunkte. 2012 konnte im Musterbuch des Straßburger Münsterbaumeisters Hans Hammer, einer Sammlung von mittelalterlichen Architekturzeichnungen, die Grundrisszeichnung der Oppenheimer Gewölbefigur im Westchor gefunden werden. Wie im Vergleich mit dem heutigen Grundriss zu sehen ist, entspricht die Proportion der Gewölbejoche und die nach 1703 nur noch in Ansätzen bestehende Rippenführung in den meisten Details dem heutigen Baubefund.
weiterführende Literatur
[1]
Julian Hanschke: Das spätgotische Gewölbe des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche. Rekonstruktion nach einem mittelalterlichen Bauplan. In situ – Zeitschrift für Architekturgeschichte, IV (2012), S. 69–76.
[2]
[3]
[4]
Gegenüberstellung des heutigen, von Paul Meißner bis 1937 rekonstruierten Gewölbes (links) mit dem ursprünglichen Gewölbe nach dem Bauplan im Musterbuch des Hans Hammer (Fotomontage rechts).
Gewölbegrundriss des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche im Skizzenbuch des Hans Hammer.

1934–1937

Nichts bleibt für die Ewigkeit

Bereits wenige Jahrzehnte nach der großen Restaurierung im 19. Jahrhundert war es erforderlich, abermals Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Einige Werksteine waren erneut verwittert, und es gab Bedenken zur Statik des Vierungsturms sowie Probleme mit der Entwässerung des Daches. Paul Meißner, der Denkmalpfleger von Rheinhessen, leitete 1934 – 1937 die erforderlichen Restaurierungsmaßnahmen. Unter anderem nahm Meißner die Rekonstruktion des Westchorgewölbes vor. Von Meißner stammt auch die Verstärkung des Vierungsturms sowie die Treppe aus Stahlbeton, die zur heutigen Aussichtsplattform im Vierungsturm führt; auch an der Bauskulptur und dem Maßwerk tauschte er einige Teile aus. Man nutzte dafür einen härteren Buntsandstein in der Hoffnung, dieser würde mehr Bestand haben. als der von Schmidt 1878 gewählte Sandstein. Dass diese Instandsetzung in den 1930er Jahren erfolgte, ist heute noch an dem als Steinmetzzeichen verwendete Hakenkreuz zu erkennen. Der härtere Sandstein half allerdings nur bedingt, den Verwitterungsprozess der Bausubstanz aufzuhalten. Auch in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg mussten immer wieder Restaurierungs- und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden: der Austausch von Teilen der Bauskulptur an der Südfassade erfolgten in den Jahren 1957-1977 und 1985-1986. Damit die Katharinenkirche auch weiterhin in ihrem Glanz erstrahlen kann, werden auch künftig immer wieder Instandhaltungsarbeiten erforderlich sein.
weiterführende Literatur
[1]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[2]
Spengler, Otto: Die Restaurierungsarbeiten an der St. Katharinenkirche seit 1957. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 537‒83.
[3]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[4]
Treppenmodell Vierungsturm in kleinem Maßstab

1934–1937

Ein Puzzlespiel auf dem Reißbrett

Nach den umfangreichen Sanierungen im 19. Jahrhunderts hatte man den Westchor zwar überdacht und die Fensteröffnungen verglast, aber das 1703 eingestürzte Gewölbe wurde seinerzeit nicht rekonstruiert. Erhalten hatten sich jedoch die Ansätze des Gewölbes. Auch drei der mittelalterlichen Knotenpunkte von den Kreuzungspunkten der Rippen waren erhalten geblieben. Offensichtlich hatte sich im Spätmittelalter im Westchor ein aufwändiges Gewölbe befunden. Paul Meißner entwickelte 1934 –1937 eine Rekonstruktion mit Sternformen, die noch heute zu sehen ist. In das Gewölbe mit mittelalterlich nachempfundene Knotenpunkten und Blattwerk wurden neue, runde Schlusssteine nach dem Entwurf des Bildhauers Heinrich Jobst (Darmstadt) integriert. Sie zeigen Maria mit dem Kind und der Heiligen Katharina, das Lamm Gottes und eine weitere Mutter Gottes mit Kind. Wie bei den älteren Restaurierungskampagnen, erstellte man für die Knotenpunkte und Schlusssteine zunächst Gipsmodelle. Die großen Knotenpunkte aus Gips lagern heute noch auf dem Dachboden des Westchors. Von den Modellen der neuen Schlusssteine sind die drei größten im Vierungsturm aufgehängt.
weiterführende Literatur
[1]
Jungkenn, Ernst: Die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim. In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 1937, S. 24‒27.
[2]
Jungkenn, Ernst: Die Oppenheimer Katharinenkirche. Der Ausbau und die Wiederherstellung nach 1689 bis 1938. Aus: Festschrift für Ludwig Clemm. Gleichzeitig erschienen als: Archiv für hessische Geschichte, Band 28 und Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung, Band 14. Oppenheim 1963, S. 143 ‒ 167.
[3]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[4]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
Überdachter Westchor mit Gewölberesten 1927
Zeichnung eines originalen Knotenpunktes
pictgipsmodellfuereinenneuenschlusssteine.jpg

1927

Geschichte sichtbar machen – eine öffentlich zugängliche Sammlung im Westchor

Bereits im frühen 20. Jahrhundert entstand der Gedanke, die Sammlung an Architekturelementen und Bauskulptur öffentlich zugänglich zu machen. Dekan Schäfer plädierte 1925 für die Einrichtung eines Museums. Bereits zwei Jahr später wird im Westchor und im Anbau der Sakristei eine entsprechende Ausstellung eröffnet. Dabei wurden mittelalterliche Steinfragmente und etwa 100 Gipsstücke der Restaurierungskampagne von 1878-1889 ausgestellt. Einen Eindruck von der Ausstellungsinszenierung geben Fotos der damaligen Situation. Nebst den Baufragmenten wurden auch Baupläne, Zeichnungen sowie weitere historische Drucke ausgestellt. Der Ausbau der Sammlung wurde durch die Bauräte Rothamel (Worms) und Böckmann (Oppenheim) sowie den Regierungsbaumeister Zicher (Wiesbaden) und Professor Meißner (Darmstadt) durchgeführt. Die feierliche Eröffnung der Ausstellung fand am 12.6.1927 statt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Sammlung geschlossen; eine geplante Wiedereröffnung nach 1951 scheiterte. Mit der jetzigen Neugestaltung eines freizugänglichen, barrierefreien Ausstellungsbereiches in der Kirche werden ausgewählte Objekte wieder zugänglich gemacht. Weitere Exponate sind im Lapidarium neben dem Beinhaus zu besichtigen.
weiterführende Literatur
[1]
Jungkenn, Ernst: Die Oppenheimer Katharinenkirche. Der Ausbau und die Wiederherstellung nach 1689 bis 1938. Aus: Festschrift für Ludwig Clemm. Gleichzeitig erschienen als: Archiv für hessische Geschichte, Band 28 und Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung, Band 14. Oppenheim 1963, S. 143 ‒ 167.
[2]
Merz, Heinz: Archiv und Museum der Katharinenkirche. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 9‒37.
[3]
[4]
Museumseinrichtung 1927 im Westchor und der Sakristei.
Museumseinrichtung 1927 im Westchor und der Sakristei.
pictmuseumseinrichtung19273.jpg

1892

Historisches Zitat zur Katharinenkirche

„Der gegenwärtige Zustand dieser schönen Kirche ist höchst traurig. Die Gewölbe des westlichen Chors und des Schiffs bis an die Arme des Kreuzes, sind eingestürzt, und ersteres hat selbst kein Dach mehr. Auch von den äussern Verzierungen ist bei dem Brande der Kirche, als auf Befehl Ludwig des XIV. die Pfalz verheert wurde, vieles verdorben und abgesprungen. Der wahrscheinlich nahe Ruin dieser Kirche ist um so mehr zu bedauern, da dieselbe hinsichtlich der Eleganz, des Effekts und Richtigkeit der Zeichnung womit alle Theile ausgeführt sind zu den vorzüglichsten Werken gehört.“
weiterführende Literatur
[1]
Georg Moller in Beiträge zur Kenntnis der deutschen Baukunst des Mittelalters, S. 42
[2]
[3]
[4]
Blick in den ruinösen Westchor, um 1876.

1889

Inschrift am Südquerhaus

Am Südquerhaus zeugt außen eine Inschrift von der Restaurierungskampagne: „Ausgebaut · und · wiederhergestellt vom 1 · Juli · 1878 · bis · 31 · Mai 1889“. Der Festakt zum Ende der Wiederherstellungsarbeiten fand am 31. Mai 1889 statt. Schmidt konnte seine Arbeiten nicht auf den Westchor ausdehnen. Deswegen wurden der Baukörper und seine Anbauten von ihm lediglich unter Dach gesetzt und mit der Verglasung der offenen Fenster begonnen.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Bauinschrift am Südquerhaus.

1888

Martin Luther und Oppenheim

Mit der aufkommenden Luther-Verehrung im späten 19. Jahrhundert wurden am Wirtshaus, in dem Luther einst auf dem Weg zum Reichstag übernachtet hat, eine Gedenktafel angebracht. Ab 1888 wurden zudem einige Kirchenfenster mit entsprechenden Szenen für die Katharinenkirche gestiftet; allen voran das sogenannte „Lutherfenster“, das die Hochzeit von Luther mit Katharina von Bora zeigt. Im Jubiläumsjahr der Reformation 1917 pflanzte man eine Luther-Eiche südlich der Kirche, die heute noch steht. Zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation wurde 2017 eine weitere Luther-Eiche vor dem 1971/74 gebauten Martin-Luther-Haus (Gemeindehaus) gepflanzt.
weiterführende Literatur
[1]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[2]
Held, Dorothea: Erinnerung an Luthers Übernachtung in Oppenheim. In: Oppenheimer Hefte Nr. 41 2012, S.27-35.
[3]
Meyer, Eva: Oppenheim und die Katharinenkirche im Kontext der Reformation. In: Wien, Ulrich A. (Hrsg.): Reformation am Oberrhein. Wahrnehmung von Luther und Calvin in der Region. Speyer 2011.
[4]
Schöbel, Tina: Das barocke „Kannen-Schild“ aus der Katharinenkirche Oppenheim. In: Oppenheimer Hefte 43 (2014), S. 36–42.
Das ehemalige Wirtshausschild des Gasthauses „Zur Kanne“ wird durch den Bezug zu Luthers Aufenthalt in der Sammlung der Katharinenkirche aufbewahrt.

1888

Das Taufbecken

Das Taufbecken in der Vierung der Katharinenkirche wird von einer eigentümlichen Metallkuppel gekrönt, die fomale Parallelen zur historischen Kuppel des Berliner Reichstags aufweist. Dies ist kein Zufall: Die Pläne für das Taufbecken aus dem Jahr 1888 stammen vom Architekten des Reichstags, Paul Wallot (1841–1912), der in Oppenheim aufwuchs. Der Deckel des Taufsteins wurde von seinem Vater gespendet.
weiterführende Literatur
[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Wallot
[2]
https://www.badische-zeitung.de/gipfel-der-geschmacklosigkeit--63048737.html
[3]
[4]
Taufbecken.

19.-21. Jahrh.

Kanzel, Altar, Taufstein

Der Blick zeigt die Hauptapsis im Osten. Hier befindet sich traditionell der Altar. Davor links die Kanzel und rechts der Taufstein. Zu sehen sind somit die zentralen Ausstattungselemente im Kirchenraum. Keines dieser Elemente ist allerdings mittelalterlich. Die Kanzel am nordöstlichen Vierungspfeiler wurde 1852 in neugotischen Formen von Johann Baptist Scholl geschaffen; der Taufstein stammt von Paul Wallot und wurde 1888 gestiftet - und den Altar bekrönt ein Bild des Malers Johann P. Reuter, das aus dem Jahr 2008 stammt. Die Paramente (liturgische Textilien) an Altar und Kanzel sind Arbeiten von Marie Luise Frey und greifen das Oppenheimer Rosenmotiv auf.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Blick in die Hauptapsis
Blick zum Altar

1888

Der Taufstein von Paul Wallot

Die Entwürfe für den Taufstein samt Metallabdeckung in einer Mischung historischer Stilformen entspringen der Feder des aus Oppenheim stammenden Architekten Paul Wallot. Das Ausstattungsstück selbst wurde von Johann Wilhelm Wallot, dem Vater des Künstlers, 1888 gestiftet. Den Deckel ziert eine Kuppel, die in Zusammenhang mit dem Reichstag in Berlin gebracht wird. Paul Wallot war der Architekt des Reichstagsgebäudes, das 1894 eingeweiht wurde.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Der Taufstein

1880

Akribisches Arbeiten - Abgüsse und Modelle bei der Restaurierung um 1880

Unter der Leitung des Kenners der gotischen Architektur, Friedrich von Schmidt, wurde die Katharinenkirche 1878-1889 aufwändig instand gesetzt. Er orientierte sich dabei am historischen Baubestand. Allerdings war die Bauskulptur in einem schlechten Erhaltungszustand. Damit man aber eine Vorlage für die Rekonstruktion vor Augen hatte, wurde viel Figuren und Blattschmuck zunächst in Gips abgegossen; auch Inschriften am Bau wurden entsprechend gesichert. Bei sehr plastischen Bauteilen wurde die Abgussform aus mehreren Teilen zusammengesetzt. Diese Arbeitsweise lässt sich noch heute durch entsprechende Nahtstellen der einzelnen Gussschalen nachweisen. Auf Grundlage dieser Abgüsse wurde dann Modelle aus Gips gefertigt, die schließlich in Stein ausgearbeitet wurden Von den damals erstellten Abgüssen und Modellen haben sich etwa 100 Abgüsse und über 100 Modelle und 15 Gussschalen erhalten.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70.
[3]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
[4]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
Stark verwitterter Fassadenschmuck am südlichen Langhaus vor der Restaurierung
Beispiel für Nähte an den Übergängen der Gussschalenteile, hier der Kopf eines Wasserspeiers

1879

Historistische Ausstattungsstücke in der Katharinenkirche

Obwohl die Orgelempore, der Taufstein und die Kanzel recht mittelalterlich daherkommen, sind diese Bauteile der Katharinenkirche erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. In der Stilepoche des Historismus wurden Architekturformen der Romanik und insbesondere der Gotik wieder aufgegriffen. Dabei kommen sowohl detailgetreue Nachahmungen als auch Mischungen von Einzelelementen und architektonischen Zitaten vor. Dies ist an einzelnen Ausstattungsstücken der Katharinenkirche deutlich zu erkennen. Die Orgelempore aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist noch ein eher zögerlicher Versuch mit neogotischen Formen. Als man die Walckerorgel im Jahr 1879 erwarb, wurde ein neogotisches Holzprospekt dafür angefertigt. Mit diesem Prospekt – aus dunklem Holz mit Fialen – erhielt die Orgel samt Empore eine insgesamt gotische Wirkung. Seitdem wurde die Orgel mehrfach umgestaltet; die größte Fiale des neogotischen Prospektes ist heute in der Ausstellung zu sehen.
weiterführende Literatur
[1]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[2]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[3]
[4]
Historistische Kanzel
Historistische Orgenempore

1878-1889

Stein, Metall, Papier, Gips – Materialien der Restaurierung von 1879

Die einmalige Leistung der Restaurierung von 1878 - 1889 zeigt sich auch in der Vielfalt der verwendeten Materialien und angewandten Arbeitsmethoden. Zu Beginn der Maßnahme wurde die gesamte Kirche vermessen. Auf diese Weise entstanden sehr detaillierte Pläne. Für die Bauphase forderte man Probesteine von verschiedenen Steinmetzen und Steinbrüchen an, um eine fundierte Entscheidung für Material und Personal treffen zu können. Für die neu anzufertigenden Werksteine wurden über 500 Metallschablonen benötigt, deren Umrisse auf den Stein übertragen wurden; eine Technik, die seit dem Mittelalter praktiziert wird. Für die Restaurierung der verwitterten Bauornamenten wurden Gipsabgüsse und Gipsmodelle im Maßstab 1:1 angefertigt. Die original erhaltenen mittelalterlichen Bauornamente wurden bei der Erstellung der Modelle berücksichtigt. Für neue Formen wurden ebenfalls Gipsmodelle in gotischer Formensprache geschaffen. Die Gipsmodelle wurden danach in Stein übertragen und am Bau eingesetzt. Teilweise wurden nur die stark beschädigten Teile ausgetauscht; man war bemüht, die originale Bausubstanz so weit wie möglich zu erhalten.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
[3]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70
[4]
Bonhard, Otto / Schmidt, Heinrich von: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim am Rhein. Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1889 zugleich dem 200jährigen Erinnerungstage der Zerstörung Oppenheims. Oppenheim 1889.
Modell für einen auszutauschenden Kopf eines Wasserspeiers

1878-1889

Restaurierung, Rekonstruktion und Neuschöpfung im späten 19. Jahrhundert

Bei der Instandsetzung der Katharinenkirche in den Jahren 1878-1889 bemühte man sich, möglichst nah an der historischen Bausubstanz zu bleiben. Ein gutes Beispiel für diese Vorgehensweise ist der Vierungsturm: Obwohl die Bevölkerung gerne einen durchbrochen gearbeiteten Maßwerkhelm auf dem Vierungsturm gesehen hätte, stellte man ^- in Anlehnung an alte graphische Ansichten - den einfachen Helm wieder her. Nur bei Partien, bei denen eindeutige Vorlagen fehlten, wurden neue Formen – in Anlehnung an zeitgleiche gotische Architektur – ergänzt. So wurden die Maßwerkbrüstungen auf Quer- und Langhaus sowie die Fialen und Satteldächer der Strebepfeiler an den Ostteilen ergänzt. Das Strebewerk des Langhauses der Katharinenkirche war im Mittelalter nie komplett ausgeführt worden. Das Strebewerk errichtete man in Anlehnung an Formen aus Straßburg und Köln. Hierfür wurden zunächst Modelle aus Gips angefertigt. Für die neuen Krabben auf den Rücken der Strebebögen haben sich alle Modelle erhalten. Bei der Restaurierung der Katharinenkirche wurde großer Wert darauf gelegt, möglichst viel originale Bausubstanz zu erhalten.
weiterführende Literatur
[1]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[2]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
[3]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[4]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
Idealisterte Ansicht der Katharinenkirche mit einem nie vorhandenen Maßwerkhelm.
Rosenkrabbe vom südlichen Wimper des Langhauses: Krabbe an der Fassade 1877, ausgebautes Original, Modell 1880, Umsetzung in Stein an der Fassade.

1878-1889

Die Restaurierung in den Jahren 1878-1889

Nach der Sanierung in den 1830er Jahren war man mit der Qualität der baulichen Ausführung nicht zufrieden. Der Kirchenvorstand äußerte 1868 den Wunsch, dass die Katharinenkirche stilgerecht restauriert werden sollte. So wurde im Jahr 1873 ein Bauverein zur Wiederherstellung der Kirche gegründet. Das Geld für die Restaurierung wurde nun gesammelt: Mit 200.000 Reichsmark übernahm zudem die Hessische Ständekammer einen großen Teil der Finanzierung. Unter der Leitung von Friedrich von Schmidt fanden im Zeitraum von 1878 bis 1889 die größten Restaurierungsmaßnahmen an der Katharinenkirche statt. Das Ziel bestand in einer stilgerechten Restaurierung. Friedrich von Schmidt galt als einer der großen Kenner der gotischen Baukunst seiner Zeit und hatte auch durch die lange Beschäftigung am Kölner Dom und in Wien die erforderlichen Erfahrungen. Unterstützung erhielt er durch seinen Sohn Heinrich, der die Baustelle vor Ort leitete. 1878 wurde mit der Restaurierung der Außenwände begonnen. Ab 1884/85 fanden Arbeiten im Innenraum statt. Die historischen Fotografien von Carl Hertel zeigen die tiefgreifenden architektonischen Veränderungen, die vorgenommen wurden.
weiterführende Literatur
[1]
Bonhard, Otto / Schmidt, Heinrich von: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim am Rhein. Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1889 zugleich dem 200jährigen Erinnerungstage der Zerstörung Oppenheims. Oppenheim 1889.
[2]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[3]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[4]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
Die Katharinenkirche vor und nach der Restaurierung 1879

1878-1889

Auf Spurensuche nach dem Vorgängerbau.

Aus der Bauphase der Spätromanik sind oberirdisch nur die beiden Westtürme und Teile der Wand im Mittelschiff der Kirche erhalten geblieben. Während der Restaurierung der Katharinenkirche in den Jahren 1878 - 1889 wurden Reste des Fundamentes des romanischen Kirchenschiffes gefunden. Der äußeren Mauerzüge des Vorgängerbaus ließen sich damit einwandfrei nachweisen. Die Länge der spätromanischen Kirche entsprach in etwa dem heutigen Langhaus. Leider sind die detaillierten Aufzeichnungen der Ausgrabungen inzwischen verschollen. Neben den Außenwänden des Vorgängerbaus entdeckte man unter der westlichen Hälfte der heutigen Vierung die Baugrube einer halbkreisförmigen Apsis. Hieraus ist zu schließen, dass die Breite des romanischen Mittelschiffes der Dimension des gotischen Mittelschiffs entsprach. Allem Anschein nach ging man beim gotischen Neubau offenbar recht pragmatisch vor, indem man bestehende Fundamentierungen erneut verwendete.
weiterführende Literatur
[1]
Heinrich von Schmidt: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim a. Rh., Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1689. Oppenheim 1889, S. 10f.
[2]
[3]
[4]
Die geringe Höhe der Turmhallen verweisen auf die sehr niedrigen Seitenschiffe des romanischen Vorgängerbaus.
Grundriss des heutigen Langhauses mit der Ostanlage.
Rekonstruktionsversuch zum spätromanischen Vorgängerbau.

1878

Friedrich von Schmidt und die Oppenheimer Katharinenkirche

Eine frühe Auseinandersetzung Friedrich von Schmidts mit der Oppenheimer Katharinenkirche stellt die von ihm entworfene Wiener Lazaristenkirche dar, die sowohl in der Bildung der Kubatur, als auch in der Gestaltung von Grundriss und Aufriss enge Parallelen zu den östlichen Partien der Oppenheimer Katharinenkirche aufweist. Der Formensprache der Katharinenkirche unmittelbar entlehnt ist die Gestalt des Vierungsturms mit den kleinen oberen Maßwerklauben über den spornförmig vortretenden Pfeilern. Auch die Gestaltung des Chores - einschließlich Pfeilergliederung und Maßwerkfenster - geht auf das Vorbild Oppenheim zurück. Ein weiteres Beispiel für die Rezeption der Oppenheimer Katharinenkirche in Schmidts schöpferischem neugotischen Werk ist die Kapelle des Wiener Sühnhauses, deren großes Maßwerkfenster die Grundformen der Oppenheimer Rose wiederholte. Bedauerlicherweise ist das Sühnhaus nach teilweiser Kriegszerstörung 1951 abgebrochen worden.
weiterführende Literatur
[1]
Heinrich Freiherr von Schmidt: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim a. Rh., Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1689. Oppenheim 1889.
[2]
Ulrike Planner-Steiner, Klaus Eggert, Renata Kassal-Mikula: Die Wiener Ringstrasse; Bd. 8. Die Bauten und ihre Architekten; 2. Wiesbaden 1978.
[3]
[4]
Sühnhauskapelle, Fotografie um 1890.

1878

Die große Restaurierung der Oppenheimer Kirche

Für die große Restaurierung der Oppenheimer Kirche konnte 1878 der berühmte Dombaumeister Friedrich von Schmidt gewonnen werden. Als Bauleiter vor Ort fungierte sein Sohn, Heinrich von Schmidt, der in der Michaelskapelle ein Baubüro und Planarchiv einrichtete und den Fortgang der Sanierungsarbeiten vor Ort überwachte. Friedrich von Schmidt galt seinerzeit als einer der wichtigsten Kenner der gotischen Baukunst. 1862 war ihm die Oberleitung der Bauhütte von St. Stephan in Wien angetragen worden. Ein Jahr später wurde er zum Dombaumeister ernannt und widmete sich fortan der Abtragung und Wiedererrichtung des desolaten Maßwerkhelms über dem Südturm von St. Stephan in Wien. Auch im neugotischen Kirchenbau hatte sich Schmidt zu dieser Zeit bereits einen Namen gemacht.
weiterführende Literatur
[1]
Heinrich Freiherr von Schmidt: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim a. Rh., Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1689. Oppenheim 1889.
[2]
Ulrike Planner-Steiner, Klaus Eggert, Renata Kassal-Mikula: Die Wiener Ringstrasse; Bd. 8. Die Bauten und ihre Architekten; 2. Wiesbaden 1978.
[3]
[4]
Heinrich von Schmidt, Längsschnitt durch St. Katharinen.

1873

Jacob Adolf Lippold

Zum Dank für seinen Einsatz um den Erhalt der Katharinenkirche erhielt Dr. Lippold die Ehrenbürgerschaft der Stadt Oppenheim. Der in Mainz geborene Lippold engagierte sich daneben auch stark für die Entwicklung des Seenotrettungswesens.
weiterführende Literatur
[1]
https://web.rgzm.de/ueber-uns/presse/pressemitteilungen/pm/article/sonderausstellung-die-seenotretter-ueber-buergermut-und-buergersinn-in-mainz/
[2]
[3]
[4]

1871

Die Walcker-Orgel

Die Oppenheimer Katharinenkirche – nach Dehio die bedeutendste gotische Kirche am Rhein zwischen Straßburg und Köln – erscheint uns heute als Doppelkirche mit hochgotischem Langhaus, Querhaus und Ostchor, einer dreischiffigen Basilika, sowie mit spätgotischem Westchor als ein säulenfreier, sehr hoher und lichter Raum. An der Wand, die beide Räume trennt, wurde 1834 eine neugotische Orgelempore eingebaut. Unter der Empore verbindet ein ausladendes Portal beide Kirchenräume miteinander. Hier errichtete Eberhard Friedrich Walcker im Jahre 1871 – ein Orgelbauer mit einem weltweiten Ansehen – als Opus 272 eine seiner letzten Orgeln.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Neugotische Orgelempore.
Neugotische Orgelempore.

um 1860

Historisches Zitat zur Katharinenkirche

„Die Bemühungen des Herrn Galeriedirectors Müller zu Darmstadt, das Andenken auch dieses bedeutenden Documentes altdeutscher Baukunst zu erhalten, finden wir treulich fortgesetzt, und freuen uns das Arbeiten in Zink zu diesem Zwecke in so hohem Grade förderlich zu sehen. Ist die architektonische Ausführung höchst befriedigend, so setzen die gemalten Fenster mit ihren alleräußersten Einzelheiten in Verwunderung; hält man sie gegen das Licht, so tun sie eine überraschend anziehende Wirkung. Mit zwey Lieferungen soll noch zu Ausgang dieses Jahres das Werk geschlossen seyn. Schreitet nun das Boisseréesche über den Cöllner Dom und das Mollerische über den Freyburger seiner Vollendung zu, so werden wir endlich zu dem klarsten Anschauen gelangen, wie in einer düster-unruhigen Zeit die colossalsten Conceptionen zu den höchsten Zwecken und dem frömmsten Wirken sich in der Baukunst hervorthaten, und in der ungeeignetesten Weltepoche Maß und Harmonie ihr Reich zu befestigen und zu erweitern trachteten.“
weiterführende Literatur
[1]
Johann Wolfgang von Goethe über das Tafelwerk zur Oppenheimer Katharinenkirche von Franz Hubert Müller in »Kunst und Altertum«, Band VI, Heft 2:
[2]
[3]
[4]
Johann Wolfgang von Goethe, Ölgemälde von Joseph Karl Stieler, 1828

1855-1857

Vom Umgang mit der mittelalterlichen Glasmalerei

Zwei Kirchenfenster fallen durch ihre Gestaltung und Lage im Kirchenraum aus dem üblichen Rahmen. Zwar handelt es sich um mittelalterliche Verglasung, jedoch befinden sie sich nicht mehr an ihrem ursprünglichen Ort: Das heute im Osten der Kirche eingebaute Scheitelfenster enthält Scheiben, die 1435/1440 ursprünglich für den Westchor angefertigt worden sind. 1855-1857 wurden die Reste der Befensterung zur Sicherung in das Ostfenster versetzt. Dabei wurden sie auf das erforderliche Maß beschnitten und zu einem kompletten Fenster ergänzt. Das sogenannte „Heylsfenster“ im Nordquerhaus ist ein Kuriosum aus dem 19. Jahrhundert: Es wurde aus 33 verschiedenen mittelalterlichen Fragmenten der rheinländischen mittelalterlichen Glasmalerei zusammengesetzt. Die um 1480/1485 und 1500 entstandenen Einzelteile stammen aus der Sammlung Zwierlein, die Cornelius Freiherr von Heyl zu Herrnsheim ersteigerte und der Katharinenkirche überließ. Unter Verwendung historischer Arbeitstechniken wurden die Fragmente durch den Heidelberger Glasmaler Beiler ergänzt und 1887 eingebaut.
weiterführende Literatur
[1]
Becksmann, Rüdiger: Die mittelalterliche Farbverglasung der Oppenheimer Katharinenkirche. Zum Bestand und seiner Überlieferung. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 357‒405.
[2]
Gast, Uwe / Rauch, Ivo: Die mittelalterlichen Glasmalereien in Oppenheim. Rhein‒ und Südhessen. Berlin 2011. (Corpus vitrearum Medii Aevi, Bd. 3, Teil 1: Oppenheim, Rhein‒ und Südhessen)
[3]
[4]
Kreuzigungsszene, heute im Scheitelfenster des Ostchores, ehemals Westchor.
Fenster im nördlichen Querhaus.

1852

Kanzel und Taufbecken

Die Kanzel am nordöstlichen Vierungspfeiler wurde 1852 in geschönten, neogotischen Formen von Johann Baptist Scholl geschaffen. Die Entwürfe für den Taufstein samt Metallabdeckung in einer Mischung historischer Stilformen entspringen der Feder des aus Oppenheim stammenden Architekten Paul Wallot. Das Ausstattungsstück selbst wurde von Johann Wilhelm Wallot, dem Vater des Künstlers, 1888 gestiftet.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Kanzel im Ostchor
Taufstein im Ostchor.
Kuppelförmige Abdeckung des Taufsteins.

1843-1845

Bunt gemischt

Da in 44 Fenstern der Katharinenkirche keine mittelalterlichen Glasscheiben mehr vorhanden waren, wurden ab dem 19. Jahrhundert neue Verglasungen angefertigt. Bei den Fenstern mit mittelalterlichen Resten ergänzte man die fehlenden Partien und beließ die Themen mit biblischen Szenen oder Wappen- und Stifterdarstellungen. 1843-1845 begann man, die Fenster in den Seitenschiffen nach den rekonstruierten Zeichnungen von Franz Hubert Müller unter Verwendung mittelalterlicher Scheiben wieder herzustellen. Alle Kapellenfenster erhielten bis 1847 neue Ornamentverglasungen. Die Chorfenster wurden 1857 nach einem Konzept von Kreisbaumeister Ernst G. Gladbach angefertigt. Bei der großen Restaurierung unter Schmidt wurden 14 Fenster in den Ostteilen ergänzt bzw. neu angefertigt. Ausgeführt wurden die Arbeiten von der Werkstatt Linnemann aus Frankfurt und Beiler aus Heidelberg. Die Bildthemen werden mit biblischen Szenen und Bildern aus der Oppenheimer Geschichte – insbesondere Luthers Leben – erweitert. In mittelalterlicher Tradition wurden alle diese Fenster von verschiedenen Personen und Institutionen gestiftet. Die Stifter sind im unteren Register der Fenster mit einer Inschrift verewigt. Das prominent liegende „Katharinenfenster“ im Südquerhaus wurde von Großherzog Ludwig IV gestiftet und von der bekannten Mayer‘schen Hofkunstanstalt aus München ausgeführt. In den dargestellten Herrscherfiguren (Richard v. Cornwall, Ruprecht von der Pfalz und andere) verknüpft der Großherzog seine eigene Herkunft mit der Geschichte der Kirche.
weiterführende Literatur
[1]
Beeh-Lustenberger, Suzanne: Heinz Hindorf und Gustel Stein. Farbverglasungen im Westchor von St. Katharinen. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 407-432.
[2]
Dölling, Regine: Oppenheim, St. Katharinen. Regensburg 2000. (Große Kunstführer Schnell und Steiner, Band 208)
[3]
Gast, Uwe / Engert, Ulrich: Die Katharinenkirche in Oppenheim. (Meisterwerke der Glasmalerei 5) Regensburg 2012.
[4]

1841

Das Holzgewölbe von 1841

Im Rahmen der ersten große Sanierung der Kirche wurde 1841 statt der Flachdecke eine Gewölbedecke aus Holz im Mittelschiff eingezogen. Dieses besaß Kreuzrippen und Schlusssteine, die sich an erhaltenen, originalen Vorlagen in der Kirche orientieren. Die Schlusssteine des Gewölbes wurden – wie die neuen Blattornamente der Seitenkapellen – aus Gips gefertigt. Bereits im späten 19. Jahrhundert ersetzte man das Holzgewölbe wieder durch ein steinernes Gewölbe. Einige der damals ausgebauten Schlusssteine aus Gips sind in der Architektur-Sammlung der Katharinenkirche erhalten geblieben.
weiterführende Literatur
[1]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[2]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Prof. Dr. Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70.
[3]
Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70. Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[4]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
Mittelschiffgewölbe, heutiger Zustand.
Johannes Ruland, Innenansicht der Katharinenkirche um 1790 mit Flachdecke.

1838

Die Orgeln

Die heute vorhandene Orgelempore im Westen des Langhauses wurde 1838 unter Leitung des Mainzer Provinzialbaumeisters Ignaz Opfermann eingezogen. Mit der Errichtung der Orgelempore in neogotischen Formen wurde der Standort der Orgel vom ehemaligen Ostlettner in der Vierung nach Westen verlegt. Die damalige Orgel stammte aus der Barockzeit und wurde von Johann Friedrich Maerander (Frankfurt) geschaffen. Die Anschaffung einer Walckerorgel aus Ludwigsburg erfolgte 1870/1872. Die heutige Orgel stammt aus der Werkstatt von Gerald Woehl aus Marburg und wurde zu Pfingsten 2006 eingeweiht. Sie besitzt noch 19 Register der historischen Walckerorgel.
weiterführende Literatur
[1]
Broer, Christoph: Die Orgeln der Katharinenkirche. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 473‒488. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland‒Pfalz. Kreis Mainz‒Bingen: Verbandsgemeinde Nierstein‒Oppenheim. Bearbeitet von Dieter Krienke. Band 18.3. Worms 2011. Generaldirektion Kulturelles Erbe Mainz Dokumentationsarchiv. Schöbel, Tina u.a.: Abschlussdokumentation.
[2]
Arens, Fritz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Bau und Ausstattung. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 9‒37.
[3]
Broer, Christoph: Die Orgeln der Katharinenkirche. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 473‒488.
[4]
Neugotische Orgelempore mit aktueller Orgel.

1834-1845

Der Umbau der Seitenkapellen

Als Ignaz Opfermann in der Zeit von 1834-45 die Katharinenkirche zum ersten Mal mit größerem Aufwand restauriert. In diesem Zuge werden die in das Seitenschiff ragenden Teile der mittelalterlichen Kapellen abgetragen. Dies geschieht jedoch nicht aus rein ästhetischer Empfindung, sondern aus Gründen der statischen Standsicherheit. Ursprünglich standen die überwölbten Kapellen mit einer Bogenreihung geöffnet zur Hälfte in den Seitenschiffen. Für die Doppelbögen wurden teilweise die alten Stützen benutzt. Für die Konsolen und teilweise auch die Kapitelle der Kapellen stellte man Blattornamente aus Gips auf einem Steinkern her. Einige Stücke von diesem Blattschmuck sind heute noch in der Sammlung vorhanden, da man bei der nachfolgenden Instandsetzung einiges an Gipsschmuck komplett durch steinerne Ornamentik ersetzte. Die zurückgesetzten Arkaden sind heute noch in diesem Zustand zu sehen; die Bemühungen in der Folgezeit, die Kapellen wieder zu rekonstruieren, wurde nicht realisiert.
weiterführende Literatur
[1]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[2]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
[3]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Prof. Dr. Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70.
[4]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
Blick in die Seitenkapellen
Die umgebauten Kapellen heute

1834-1845

Ignaz Opfermann leitet die erste große Sanierungsmaßnahme

Der Mainzer Kreisbaumeister Ignaz Opfermann leitete die erste große Sanierungsmaßnahme des Kirchenbaus von 1834 - 1845. In diesem Rahmen erfolgte der Rückbau der Kapellen in den Seitenschiffen und der Einzug eines Holzgewölbes an Stelle der Flachdecke. Diese Baumaßnahme erfolgte aus Gründen der Standsicherheit. Ursprünglich standen die überwölbten Kapellen zur Hälfte in den Seitenschiffen. Während der Sanierung wurden die in das Seitenschiff ragenden Teile der mittelalterlichen Kapellen abgetragen. Der ursprüngliche Vorschlag, den nicht benötigten Westchor abzureißen und das Baumaterial wiederzuverwenden, wurde glücklicherweise nicht realisiert. Allerdings bleibt der Westchor nach der Sanierung als dachlose Ruine neben der Kirche stehen.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
[3]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[4]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
Der Westchor der Katharinenkirche in ruinösem Zustand.
Franz Hubert Müller, Ansicht der Langhauskapellen (Rekonstruktionsversuch).

1834-1845

Erhalten und bewahren – Mittelalterliche Originale der Bauskulptur

Die Katharinenkirche besitzt vor allem an der Südfassade des Langhauses eine reiche Bauornamentik mit Blättern, Gesichtern und Fabelwesen. Diese Gestaltung geht mit wenigen Ausnahmen auf die mittelalterliche Gestaltungsidee zurück. Im Verlauf der Jahrhunderte hat der Zahn der Zeit auch vor der Bauskulptur der Katharinenkirche nicht Halt gemacht. Bei Restaurierungsarbeiten wurde Bauschmuck ersetzt, ausgebaut oder rekonstruiert. Man bemühte sich jedoch, möglichst viel der Originalsubstanz am Bauwerk zu belassen. Auch bei Restaurierungsarbeiten im 19. Jahrhundert ging man umsichtig mit der historischen Bauskulptur um. Dies lässt sich gut anhand eines Kopfes aus dem Wimperg der Südfassade belegen: Der Kopf wurde zunächst an der Fassade belassen und die beschädigten Partien mit Reparaturmasse ausgebessert; erst als der Kopf erneut Beschädigungen aufwies, wurde er durch eine Kopie ersetzt. Einige der ausgetauschten mittelalterlichen Stücke sind bis heute erhalten geblieben, darunter auch Bauelemente, die von inzwischen zerstörten Bauteil stammen. Dazu gehören sowohl die drei Knotenpunkte aus dem 1703 eingestürzten Gewölbe des Westchors als auch die beim Rückbau der Seitenkapellen 1834 - 1845 entfernten Schlusssteine und Kapitelle.
weiterführende Literatur
[1]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[2]
[3]
[4]
Überreste mittelalterliche Kapitelle aus den Seeitenkapellen
Überreste mittelalterliche Kapitelle aus den Seeitenkapellen

1834-1845

Die erste umfassende Renovierung der Katharinenkirche

Ignaz Opfermann war ein deutscher Architekt und Baubeamter im Großherzogtum Hessen. Er entstammte einer Zimmermanns- und Schreinerfamilie aus Mainz. Auf Empfehlung Georg Mollers wurde Ignaz Opfermann 1832 Provinzialbaumeister der Provinz Rheinhessen. Zahlreich sind die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten, die Ignaz Opfermann leitete, darunter an der Katharinenkirche in Oppenheim, am Wormser Dom und der Liebfrauenkirche in Worms. Hinzu treten zahlreiche Neu- und Umbauten. Weiter gibt es eine Reihe von Privatbauten, die von ihm stammen, darunter auch eine Reihe von Hotels und Gasthäusern.
weiterführende Literatur
[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Ignaz_Opfermann
[2]
http://wikipedia.de.nina.az/Ignaz_Opfermann.html#Familie_und_Ausbildung
[3]
Friedrich Schneider: Opfermann, Ignaz, Baurath (Stichwort). In: Darstellung der Stadt Mainz und ihrer Denkmäler. Ausstellung 1879. Mainz 1879, S. 113–115.
[4]

um 1825

Goethe und die Katharinenkirche

Für das ihm zugesandte Werk bedankte sich Goethe mit einer lobenden Rezension: »Die Bemühungen des Herrn Galeriedirectors Müller zu Darmstadt, das Andenken auch dieses bedeutenden Documentes altdeutscher Baukunst zu erhalten, finden wir treulich fortgesetzt, und freuen uns das Arbeiten in Zink zu diesem Zwecke in so hohem Grade förderlich zu sehen. Ist die architektonische Ausführung höchst befriedigend, so setzen die gemalten Fenster mit ihren alleräußersten Einzelheiten in Verwunderung; hält man sie gegen das Licht, so tun sie eine überraschend anziehende Wirkung. Mit zwey Lieferungen soll noch zu Ausgang dieses Jahres das Werk geschlossen seyn.«
weiterführende Literatur
[1]
Franz Hubert Müller: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Dritte Auflage, Frankfurt am Main 1853, S. 39.
[2]
Neuer Nekrolog der Deutschen, Dreizehnter, Jahrgang, 1835, S. 381.
[3]
Julian Hanschke: Oppenheim am Rhein in historischen Ansichten. Mainz 2006, S. 25-27.
[4]
F. H. Müller, Katharinenkirche – Ansicht von Südosten, 1829.
F. H. Müller, Katharinenkirche – Ansicht von Süden, 1829.

1823-1829

Historisches Zitat zur Katharinenkirche

„Der jetzige, äusserst verwahrloste, traurige Zustand dieses ehrwürdigen Denkmales, dessen gänzliche Zerstörung man mit der Zeit als gewiss befürchten muss, war es vorzüglich, was mich zu einer so grossen Arbeit bewog. Das Gemüth wird bei dem Gedanken an den unvermeidlichen Untergang eines so vollendeten Werkes schmerzlich bewegt und mit Trauer erfüllt. Auch ich wurde oft bei der Aufnahme dieser Kirche von solchen Gefühlen ergriffen, und sowie man scheidenden geliebten Personen eine ganz besondere Aufmerksamkeit, bezeigt, so wurde ich dabei zu ähnlichem Bestreben beseelt. Möge es mir gelungen sein, gleiche Theilnahme bei den Freunden und Kennern der teutschen Kunst zu erwecken.“
weiterführende Literatur
[1]
Franz Hubert Müller, Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Darmstadt 1823-1829:
[2]
[3]
[4]
Franz Hubert Müller, Ansicht der Katharinenkirche von Südosten, um 1823.

1823

Franz Hubert Müllers Tafelwerk zur Oppenheimer Katharinenkirche

Dem ab 1823 herausgegebenen Werk über die Katharinenkirche gingen Jahre intensiver Vorarbeiten voraus. 1817 erfolgte die Anstellung als Galerie-Inspektor in Darmstadt. Gesichert ist, dass die prachtvollen, in Aquatinta-Technik ausgeführten Hauptansichten einschließlich der kolorierten Fensterblätter auf seiner Urheberschaft beruhen. Teile des übrigen Werkes wurden dagegen von Schülern seiner Darmstädter Zeichenschule angefertigt. Auch seine Frau war in das Unternehmen einbezogen. Den bedeutendsten Teil des Tafelwerkes bilden die Aquatinta-Blätter, welche das Äußere und Innere der Kirche auf insgesamt acht perspektivischen Ansichten wirkungsvoll in Szene setzen. Vorausgegangen war eine sorgfältige Bauaufnahme. Müllers Tafelwerk erschien ab September 1823 in acht Lieferungen und kostete die beachtliche Summe von 200 Gulden, was der »allgemeineren Verbreitung und Anerkennung dieses schönen Kunstwerkes etwas hinderlich« war, wie ein Artikel des Kunst-Blattes feststellt. Die Lieferung beginnt 1823 in jährlichen Abständen und gelangte nach mehr als fünf Jahren 1829 zum Abschluss.
weiterführende Literatur
[1]
Franz Hubert Müller: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Dritte Auflage, Frankfurt am Main 1853, S. 39.
[2]
Neuer Nekrolog der Deutschen, Dreizehnter, Jahrgang, 1835, S. 381.
[3]
Julian Hanschke: Oppenheim am Rhein in historischen Ansichten. Mainz 2006, S. 25-27.
[4]
F. H. Müller, Katharinenkirche – Ansicht von Südosten, 1829.
F. H. Müller, Katharinenkirche – Ansicht von Süden, 1829.

1823

Die Katharinenkirche und der frühe Denkmalsschutz

Spätestens mit dem Bildband von Franz Hubert Müller zur Katharinenkirche rückte der erhaltenswerter Bau des Mittelalters in den Fokus der frühen Denkmalpflege. In Jahr 1818 wurde eine erste Denkmalschutzverordnung im Großherzogtum Hessen erlassen. In der Folge gelang es, die Katharinenkirche in mehreren Etappen zu sanieren.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
[3]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[4]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
Oppenheim und St. Katharinen, Ansicht von Süden, Franz Hubert Müller, um 1823.

1821

Neue Wertschätzung gotischer Architektur

Georg Moller hat 1821 in sein Überblickswerk zur deutschen mittelalterlichen Architektur die Katharinenkirche aufgenommen und sie damit in den Rang eines zu würdigenden, gotischen Gebäudes von überragender Bedeutung erhoben.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
[3]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[4]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
Ansicht der Katharinenkirche von Georg Moller.

1810-1821

Historisches Zitat zur Katharinenkirche

Sulpiz Boisserée besuchte zwischen 1810 und 1821 sechsmal Oppenheim. Anläßlich eines Oppenheim- Besuches vom 21.–24. Oktober 1810 notierte er in seinem Tagebuch: „Abends kam ich über Guntersblum, wo ich nicht bleiben mochte, im Dunkel nach Oppenheim – da freute ich mich von Herzen über die schöne Catherinen-Kirche und zeichnete und maß sie.“
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Sulpiz Boisserée Zeichnung von Peter von Cornelius

19. Jahrh.

Luther und die Katharinenkirche

Im Fenster über dem Grabdenkmal der Anna von Dalberg befinden sich Darstellungen Martin Luthers aus dem 19. Jahrhundert. Nicht zufällig, denn nach 1556, in der Zeit der Reformation erfolgte die Umwandlung der katholischen Katharinenkirche in einen evangelischen Gottesdienstraum. Im Motiv des ersten Glasfensters spendet Luther das Abendmahl in beiderlei Gestalt mit Brot und Wein. Das Bild symbolisiert das evangelische Verständnis, dass auch die Gemeindemitglieder den Kelch empfangen dürfen. Das zweite Glasfenster zeigt die Darstellung von Luthers Hochzeit mit Katharina von Bora.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Darstellungen Martin Luthers über dem Grabmal Anna von Dalbergs
Luther spendet das Abendmahl
Luthers Hochzeit mit Katharina von Bora

18./19. Jahrh.

Die neue Wertschätzung der Gotik

Nach der Auflösung des Stifts im 16. Jahrhundert verfiel die Katharinenkirchebis zum 18. Jahrhundert in einen ruinösen Zustand. Nach den schweren Zerstörungen im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 stürzten bis 1703 die meisten Gewölbe der Kirche ein. Um die Kirche weiterhin nutzen zu können, wurde lediglich die absolut nötige Instandhaltung der Dächer vorgenommen: Im Mittelschiff zog man 1708 eine Flachdecke ein.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Ansicht der Katharinenkirche von Süden im 18. Jahrhundert

1705

Historisches Zitat zur Katharinenkirche

„Anno 1689 abgebrannt, die Gewölbe eingefallen, nach dem Friedensschluss wieder erbaut die Dächern, Rossziegeln, einem Turm von Laye, und die Fenstern, auch endlich einer Kanzel versehen worden. […] Fehlet noch die völlige Ausfertigung des hinteren Baus, die Legung des Oberbodens, Zurüstung des Inbaus, Bewerfung und Reparation der Mauern, Fertigung der Bänk und Stühle.“
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Johannes Ruland, Innenansicht des Langhauses der Oppenheimer Katharinenkirche, um 1790.

1698

Historisches Zitat zur Katharinenkirche

Urkunde des Pfarrers Johann Philipp Heucher und der Mitglieder des Kirchen- und Stadtrats, ausgefertigt zum Zweck einer Kollektenreise im Jahre 1698: In der Urkunde wurde zunächst auf den zerstörerischen Krieg vor fast zehn Jahren zurückgeblickt, als die „landsverderbliche Kriegsflamm Anno 1689 den 3ten Pfingsttag auch unsere ChurPfältzische Ober-Ambts Statt Oppenheim am Rhein ergriffen, und dergestalten umb sich gefressen, biß durch derent wütendes Feuer, unsere zuvor weitberühmte herrliche Kirche biß auff den Grund eingeäschert.“ Um 1698 feierte die Gemeinde unter den erhaltenen Gewölben und nachdem diese einstürzten in den offenstehenden Türmen Gottestdienst und versuchten damit, „elendiglich [sich] zu behelffen“. Die Gemeinde wuchs allmählich... so wolle man, dass „diese unsere vormahls berühmte, nun aber in einen Steinhaufen verkehrte Kirche nicht also länger zerstöret, wie eine Wüsteney, uns zur Schmach und Nachtheil liegen bleibe, sondern die zufallene Mauern unser Zions wieder erbauet und aufgerichtet werden“.
weiterführende Literatur
[1]
Original im Evangelischen Kirchenarchiv Oppenheim. Hier Zitat nach Dorothe Held, St. Katharinen in Oppenheim, 1689-1889, S. 14f.
[2]
[3]
[4]
Stadtbrand von Oppenheim 1689, zeitgenössische Darstellung.

1689-1708

Zerstörung und Wiederaufbau

Das mittelalterliche Langhaus der Katharinenkirche war mit einem Kreuzrippengewölbe versehen. Dieses Gewölbe stürzte nach den Zerstörungen durch französische Truppen im Jahr 1689 größtenteils ein. Bei der Wiederherstellung 1708 entschloss man sich, im Mittelschiff eine Flachdecke einzuziehen. Die Maßnahme ist durch eine heute kaum noch lesbare Inschrift im Dachraum belegt. Die Quadermalerei an den Wänden oberhalb der heutigen Gewölbekappen war ursprünglich von unten sichtbar. Sie zeigt, dass die Flachdecke des 18. Jahrhunderts etwa auf Höhe der Gewölbescheitel lag.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
charset=Ascii
Inschrift über dem Bogen zwischen Langhaus und Chor.

1689

Oppenheim und St. Katharinen im Pfälzischen Erbfolgekrieg

Der endgültige Niedergang Oppenheims im 17. Jahrhundert setzte mit dem Ausbruch des Pfälzischen Erbfolgekrieges ein. Kurfürst Karl I. Ludwig hatte mit der Verheiratung seiner Tochter Lieselotte mit dem Bruder des französischen Königs zunächst versucht, das Verhältnis mit Frankreich zu befrieden. Nach dem Ableben Karls II. war die pfälzische Kurwürde an den nächsten männlichen Anverwandten – an Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg – übergegangen. Trotz der noch zu Lebzeiten Karls geregelten Nachfolge erhob Ludwig XIV. von Frankreich Ansprüche auf das Erbe seiner Schwägerin. Als seine Forderungen nicht erfüllt wurden, ließ er die Pfalz durch die französische Armee unter der Führung Marchall Duras’ im Oktober 1688 besetzen. Im daraufhin vom Kaiser ausgerufenen Reichskrieg verbündeten sich die deutschen Fürsten mit England, Savoyen und den Niederlanden zur „Großen Allianz“. Als sich abzeichnete, dass die französischen Truppen nicht in der Lage sein würden, die eroberten Gebiete zu halten, erging der Befehl, das Grenzland zu verwüsten. In der nun folgenden Besatzungszeit begann die Entfestigung Oppenheims. Am 16./17. Mai 1689 kam der Befehl, die Städte Speyer, Worms und Oppenheim zu zerstören. Die Bürger der Städte wurden über die geplanten Zerstörungen informiert und durften ihre mobile Habe retten.. Am 31. Mai 1689 brannten französische Truppen Oppenheim - neben Speyer und Worms - nieder.
weiterführende Literatur
[1]
Heinrich Freiherr von Schmidt: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim a. Rh., Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1689. Oppenheim 1889.
[2]
Dorothea Held: St. Katharinen in Oppenheim 1689-1889. Alzey 2009, S. 10-12.
[3]
[4]
Inschrift oberhalb des westlichen Vierungsbogens, vom Dachwerk des Mittelschiffes fotografiert.
Unbekannter Künstler, Die Zerstörung Oppenheims im Pfälzischen Erbfolgekrieg, 1689.
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1688

Einnahme der Stadt durch die französische Armee im September 1688

Im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges kam es am 21. September 1688 zur Einnahme Oppenheims durch französische Truppen. Während die Stadt durch Vermittlung des Stadtschreibers ohne Gewaltanwendung übergeben wurde, entschloss sich der Kommandant des „Schlosses“, den Ort zu halten. Folglich sahen sich die Franzosen gezwungen, vom Kirchhof der Katharinenkirche aus die in der Burg Landskron verschanzte Besatzung zu attackieren. Nach einem halbtägigen Gefecht und dem Sturm auf das unweit nördlich der Kirche gelegene Burgtor, ergab sich die Oppenheimer Garnison.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Burgruine Landskrone.

1645

Historisches Zitat zur Katharinenkirche

„Hat eine Pfarrkirch zu S. Catharina / genant / ziemlich groß / und eine von den schönsten Kirchen am Rheinstrom / ist zierlich und wol gebauet / von vielen Fenstern / gar hell / und hat zwey Chor / eins gegen Morgen / das ander gegen Abend / ist im Jahr 1258. von Gerardo, dem Ertzbischoffen zu Mäyntz / gestifftet worden.“
weiterführende Literatur
[1]
Martin Zeiller in Matthäus Merian/Martin Zeiller: Topographia Palatinatus Rheni, Frankfurt 1645.
[2]
[3]
[4]
Zeiller ist das typische Beispiel eines barocken Polyhistors und Kompilations-Schriftstellers. Er verfasste zahlreiche Bücher. Am bekanntesten ist seine Mitwirkung als Textautor an Matthäus Merians Topographia Germaniae.

1643

Historisches Zitat zur Katharinenkirche

„Oppenheim gleicht Jerusalem. Eins mus ich hie erinnern: Man sagt weit und breidt, Oppenheim liege der gegendt nach alß Jerusalem, daß Schloß als Davidts burgk, die Kirch alß der Tempel Salamonis. Die Kirch zu St. Catharinen, welche liegen soll als der Tempel Salomonis ist zu bauwen angefangen im Jahr Christi 1262 undt im Jahr 1317 bis ahn den Neuwen Chor absolvieret worden. Es solle aber zuvor schon eine Capell dherumb gestanden haben. Daß Neüwe Chor deren ist geweyhet worden ao 1439. Dieße Kirch ist von Steinwerk ein sehr schön undt antiquitätisch gebäuw, hat 3. gewölbe über einander kunstreich gemacht, mit sehr kunstreichen im Stein Stein gehauwenen Fenstern; Stehet uff 12 überaus schönen zwölffkantigen Säulen, welche sehr kunstreich undt wohl zu sehen, wie nicht weniger auswendig die gesimbts umb die Kirch, wie auch Kirchenthüren mit hübschem Steinwerk kunstreich gemacht, sampt 3 hohen Kirchenthürmen lustig anzusehen gezieret, wie der augenschein in Warheit es selbsten loben kann.“
weiterführende Literatur
[1]
Jakob Polius, Oppenheimer Chronik von 1643.
[2]
[3]
[4]
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Stadtansicht von Matthäus Merian, 1645.

1618-1648

Oppenheim im Dreißigjährigen Krieg

Nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg bei Prag und dem Untergang der kurzfristigen Regentschaft des pfälzischen Kurfürsten Friedrich V. in Böhmen wurde die Kurpfalz zum Schauplatz kriegerischer Ereignisse, in deren Folge Truppen der katholischen Liga unter Don Ambrosius Spinola Oppenheim besetzten. Ein Reiterporträt des spanischen Generals Spinola mit Oppenheim im Hintergrund erinnert an die Rekatholisierung Oppenheim im Jahre 1620. In der Folgezeit, d.h. bis ca. 1624 hatte sich die militärische Lage zunächst deutlich zugunsten des Kaisers und seiner Verbündeten gewendet. Ab 1624 formierten sich dann die protestantischen Gegner Habsburgs zu einer Allianz. Mit der Haager Allianz, welcher sich England, die Niederlande und Dänemark anschlossen, sollte die habsburgische Vormachtstellung zurückgedrängt werden. Nach weiteren Niederlagen, die General Wallenstein den Protestanten beifügte, schien die „Protestantische Sache“ um 1630 gänzlich gescheitert. Die drohende Vormachtstellung des Kaisers im Norden des Reiches rief in dieser Phase des Krieges König Gustav Adolf von Schweden auf den Plan. Gustav Adolf gelang es, mit über 40.000 Mann am 17. September 1631 in der Schlacht bei Breitenfeld nördlich von Leipzig die von Tilly angeführte katholische Liga zu besiegen. Wie Don Ambrosius Spinola ist auch Gustav Adolf von Schweden mit der Oppenheimer Stadtgeschichte eng verbunden. In Oppenheim gelang es Gustav Adolf mit seinem Heer, auf Holzflößen den Rhein zu überqueren – ein wichtiges militärisches Ereignis - das in zahlreichen Schriften der Zeit und in einem großen militärischen Panoramabild von Matthäus Merian festgehalten und propagandistisch überhöht wurde. An den Ort des Rheinübergangs bei Erfelden, nahe der Rheininsel Kühkopf erinnert bis heute die sogenannte Schwedensäule, welche 1632 errichtet wurde.
weiterführende Literatur
[1]
Jörg-Peter Findeisen: Gustav II. Adolf von Schweden: der Eroberer aus dem Norden. Gernsbach 2005. Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618–1648. Stuttgart 2009.
[2]
Cicely Veronica Wedgwood: Der Dreißigjährige Krieg. München 1967.
[3]
Carl Wernher: Gustav Adolf in Oppenheim, in: Aus alten Zeiten, Blätter für die Geschichte der ehemaligen Reichsstadt und der Orte des Oberamtes Oppenheim 6 (1911), S. 41-48.
[4]
M. Merian d. Ä., Reiterporträt des Marquis de Spinola, im Hintergrund Oppenheim – Ansicht von Südosten, um 1620.
M. Merian d. Ä. nach W. Hollar, Blick von einer Anhöhe auf das Rheintal bis Worms, rechts die Stadt Oppenheim. Im Vordergrund die schwedische Armee beim Überqueren des Rheins, 1633 (Ausgabe von 1646).
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17. Jahrh.

Der Westchor

Den Innenraum des Westchors prägen die großformatigen Fenster und das imposante Netzgewölbe. Es ist allerdings nicht mehr im Original erhalten, sondern es handelt sich um eine Rekonstruktion aus den 1930er Jahren. Nach einem Brand 1689 stürzte das Gewölbe wenige Jahre später ein. Jahrelang besaß der Westchor kein Dach. Erst im 19. Jahrhundert wurde eine Dach aufgesetzt und 1934- 1937 unter dem Architekten Paul Meißner das Gewölbe rekonstruiert. Hoch oben im Gewölbe zeigt der Schlussstein ein Bildnis von Katharina, der Namensgeberin der Kirche. Zu sehen ist die sogenannte mystische Verlobung Jesu mit ihr - als Sinnbild für das Eingehen der Verbindung dieser Kirche mit Christus. Achten Sie auf den ausgestreckten Finger Katharinas, die den Verlobungsring erwartet. Wie im Hauptschiff lassen sich auch im Westchor an den Wänden zahlreiche Grabdenkmäler finden. Darüber verleihen die großformatigen Fenster im Inneren des Westchors dem Raum eine wundervoll helle Lichtstimmung.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Der Innenraum des Westchors
Fenster und Gewölbe des Westchors
Schlussstein mit Bildnis von Katharina

1609

Die Sakristei

Die Sakristei ist ein Nebenraum, in dem alle wichtigen Gegenstände für den Gottesdienst aufbewahrt werden. So beispielsweise der Kelch für das Abendmahl, der Hostienteller, aber auch Kerzen und Gesangbücher. Am hinteren Ende der Sakristei befindet sich ein kunstvoll gestaltetes Denkmal für Jacob Pletz, gestorben 1609. Es zeigt eine Auferstehungsszene.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Blick in die Sakristei
Denkmal für Jacob Pletz in der Sakristei

1615

Albert Molnár in Oppenheim

Religiöse Spannungen hatten im frühen 17. Jahrhundert zu enormen Migrationsbewegungen geführt. Auch Oppenheim war von diesen Vorgängen massiv berührt. Ab 1609 siedelten sich auf dem westlichen Gebiet der Altstadt Hugenotten an, die von den Spaniern aus Frankreich und den Niederlanden vertrieben worden waren. Die Integration der Hugenotten bedeutete für Oppenheim eine wirtschaftliche Blüte. So erhielt Oppenheim beispielsweise mit der Verlegerfamilie de Bry ein weiteres international tätiges Verlagshaus, in welchem zahlreiche bekannte Schriften entstanden. Das verhältnismäßig weltoffene Klima, das bis zum Vorabend des Dreißigjährigen Krieges in Oppenheim herrschte, ermöglichte es, dass 1615 der Ungar Albert Molnár vom reformierten Heidelberger Kirchenrat zunächst zum Kantor, dann zum Rektor der Schule an St. Katharinen ernannt wurde. Ab 1615 war der bekennende Calvinist Albert Molnár Kantor und Schulmeister an der Oppenheimer Sebastianskirche. 1617 wirkte er schließlich als Rektor der Oppenheimer Lateinschule, eine Tätigkeit, die er jedoch nur für zwei Jahre ausübte. Besondere Bekanntheit erreichte Molnár mit seiner In Oppenheim gedruckten Übersetzung der Bibel ins Ungarische.
weiterführende Literatur
[1]
Licht, Hans: Biographie Albert Molnár und Oppenheim veröffentlicht in „Oppenheim, Geschichte einer alten Reichsstadt“ (anlässlich der 750jährigen Wiederkehr der Stadterhebung), Oppenheim 1975, S. 140-142.
[2]
Giebermann, Gerriet: Albert Molnár (1574–1634), ungarischer reformierter Theologe und Wandergelehrter, 1615–1619 Kantor und Rektor in Oppenheim, veröffentlicht in Oppenheimer Hefte Nr. 30/31 – Dez 2005, Seiten 2–100, ISBN 3-87854-197-X (Hrsg. Oppenheimer Geschichtsverein, Schriftltg. Martin Held)
[3]
Wolfram Hauer: Deutschland und Ungarn in ihren Bildungs- und Wissenschaftsbeziehungen während der Renaissance, Franz Steiner Verlag, 2004, u. a. S. 209.
[4]
Jože Krašovec: Interpretation der Bibel, Continuum International Publishing Group, 1998, u. a. S. 1258 Online Constantin von Wurzbach: Molnár, Albert. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 19. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1868, S. 25 f. (Digitalisat).
Zeitgenössisches Porträt von Albert Molnár (1574-1634).

16./17. Jahrh.

Oppenheim und der Humanismus

Im 16./ 17. Jahrhundert tat sich die kurpfälzische Oberamtsstadt Oppenheim durch ein reges Geistesleben hervor. In diesem Zusammenhang spielte auch der Oppenheimer Humanist Jakob Köbel (1462-1533) eine wichtige Rolle. Köbel wirkte ab 1494 als Stadtschreiber von Oppenheim. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsgelehrter leitete er einen Verlag. Aus seiner Feder stammen u.a. ein Rechenbuch von 1514, ein Buch über Feldmessung sowie verschiedene Bücher über Geometrie und Zeitmessung. Köbel starb am 31. Januar 1533. Sein Epitaph befand sich ursprünglich in der Oppenheimer Katharinenkirche.
weiterführende Literatur
[1]
Hartmut Hegeler, Oppenheimer Pfarrer gegen Folter und Hexenprozesse. In: Oppenheimer Hefte 23 (2001), S. 22-24.
[2]
Hartmut Hegeler: Anton Praetorius, Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter. Zum 400-jährigen Gedenken an das Lebenswerk eines protestantischen Pfarrers. Eigenverlag, Unna 2002.
[3]
Hartmut Hegeler: Antonius Praetorius. Vom Kirchenreformator zum Kämpfer gegen Hexenprozesse und Folter in der Wetterau. De Pii Magistratus Officio. Über des gottesfürchtigen Amtsträgers Pflicht, Recht und Amtsgewalt in der Gottesverehrung und den nach der Vorschrift des Wortes Gottes zu erneuernden Kirchen. = Des frommen Amtsträgers Pflicht. Originalschrift aus dem Jahre 1596 an Wolfgang Ernst, Graf von Büdingen. Übersetzt von Burghard Schmanck. Bearbeitet und herausgegeben von der Geschichtswerkstatt Büdingen, Joachim Cott. Geschichtswerkstatt Büdingen, Büdingen 2006
[4]
Anton Praetorius, Titelseite seines Werkes gegen den Hexenwahn, Auflage von 1629.

1565

Reformation und Bildersturm

Die Reformation kam erst spät nach Oppenheim. Damals gehörte die Stadt zum Herrschaftsbereich der Kurpfalz. Kurfürst Ottheinrich versuchte 1557, die Reformation einzuführen; konnte sich jedoch gegen den Oppenheimer Stadtrat nicht durchsetzen, so dass zunächst auch andere Glaubensgemeinschaften in den Kirchen praktizieren konnten. Erst Ottheinrichs Nachfolger, Friedrich III., reiste persönlich nach Oppenheim, um die Reformation durchzusetzen. Im Zuge dieser gewaltsamen Reformierung kam es zu einem Bildersturm in den Kirchen der Stadt. Diesen unruhigen Zeiten fiel das gesamte kirchliche Inventar zum Opfer. In der Katharinenkirche gingen das Sakramentshaus, der Taufstein, Kruzifixe und zahlreiche Bildwerke verloren. Vor allem die figürlichen Darstellungen aus dem Kirchenraum wurden verbannt. Heute fehlen in der Katharinenkirche jegliche Figuren auf den Tragsteinen. Die vorhandenen Orgeln wurden hingegen nicht zerstört – jedoch wurden die Prospekte übermalt. Glücklicherweise überstanden viele Glasmalereien, Reliefarbeiten und Grabmalen den Bildersturm unbeschadet und sind bis heute erhalten geblieben.
weiterführende Literatur
[1]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[2]
Meyer, Eva: Oppenheim und die Katharinenkirche im Kontext der Reformation. In: Wien, Ulrich A. (Hrsg.): Reformation am Oberrhein. Wahrnehmung von Luther und Calvin in der Region. Speyer 2011.
[3]
[4]
Leere Konsolen am Südquerhaus - der figürliche Schmuck wurde durch den Bildersturm zerstört..
Leere Konsolen an den Pfeilern im Langhaus - der figürliche Schmuck wurde durch den Bildersturm zerstört..

1553

Grabmale und Epitaphien

Die Namen von Conrad von Hantstein und Johannes Burckhard Ingweiler tauchen jeweils an zwei verschiedenen Denkmalen in der Katharinenkirche auf. Es handelt sich einerseits um das Grabmal und andererseits um ein Epitaph. Bei einem Grabmal wird der Tote im unmittelbaren Umfeld beigesetzt – ein Epitaph hingegen dient ausschließlich dem Totengedenken. An den jeweiligen Monumenten ist nicht unbedingt zu erkennen, ob es sich um ein Grabmal oder ein Epitaph handelt. In den Langhauskapellen der Katharinenkirche befinden sich eindeutige Grabplatten, die in den Boden eingelassen worden sind. Andere Grabplatten wurden in späterer Zeit innerhalb der Kirche vor die Wand gestellt.
weiterführende Literatur
[1]
Die Inschriften der Stadt Oppenheim. Bearbeitet von Siegrid Düll. Wiesbaden 1984. (Die Deutschen Inschriften Band 23).
[2]
Fuchs, Rüdiger: Die Katharinenkirche zu Oppenheim als Grablege. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 129‒157.
[3]
[4]
Grabmal im Altarhaus für Conrad von Hantstein †1553
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Epitaph im Altarhaus für Conrad von Hantstein †1553

1521

Martin Luther in Oppenheim

Im Jahr 1521 übernachtete Martin Luther zweimal im Oppenheimer Gasthof „Zur Kanne“ (Mainzer Str. 11-13). Er befand sich in Begleitung des aus Oppenheim stammenden Reichsherolds Kaspar Sturm. Während seines Aufenthaltes in Oppenheim bekommt Luther das Angebot, zu seinem persönlichen Schutz auf der Ebernburg bei Franz von Sickingen unterzukommen. Luther lehnt dieses Angebot jedoch ab und reist weiter nach Worms. Der ursprüngliche Bau des Gasthauses brannte 1621 nieder. Heute steht an dieser Stelle ein Gebäude des 18. Jahrhunderts.
weiterführende Literatur
[1]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[2]
Held, Dorothea: Erinnerung an Luthers Übernachtung in Oppenheim. In: Oppenheimer Hefte Nr. 41 2012, S.27-35.
[3]
Meyer, Eva: Oppenheim und die Katharinenkirche im Kontext der Reformation. In: Wien, Ulrich A. (Hrsg.): Reformation am Oberrhein. Wahrnehmung von Luther und Calvin in der Region. Speyer 2011.
[4]
Schöbel, Tina: Das barocke „Kannen-Schild“ aus der Katharinenkirche Oppenheim. In: Oppenheimer Hefte 43 (2014), S. 36–42.
Gasthausschild der Oppenheimer "Kanne".

15./16. Jahrh.

Lettner und Orgeln in der Katharinenkirche

Die heute hervortretenden Ausstattungsstücke der Kirche – die Orgelempore und die Kanzel – stammen aus dem 19. Jahrhundert. Viele Ausstattungselemente aus dem Mittelalter sind demgegenüber nicht mehr erhalten geblieben. Dazu gehörte der Lettner, der den Chor der Geistlichen vom Bereich der Laien trennte. Diese hochmittelalterliche Raumteilung erstreckte sich zwischen den Pfeilern der Vierung im Osten der Kirche. Mit der Verlegung des Raumes für die Stiftsgeistlichen in den Westchor benötigte man im 15. Jahrhundert einen neuen Lettner. Dieser wurde vor dem Eingang zum Westchor unter die Türme eingebaut. An den Wänden und der Treppe sind heute noch Reste der Sockel, Stützen und Gewölbeansätze erhalten geblieben. Der alte Lettner wurde bis ins 19. Jahrhundert als Standort für eine Orgel benutzt. Durch Schriftquellen belegt, sind Orgeln seit 1344 in der Katharinenkirche nachgewiesen. 1508/09 wird im neuen Westchor eine sogenannte Schwalbennestorgel eingebaut. Heute ist von dieser an der Wand hängenden Konstruktion nur noch die Öffnung in der Nordwand zu erkennen. Zugang zu dieser Orgel erhielt man über das Obergeschoss der Sakristei im Westchor.
weiterführende Literatur
[1]
Broer, Christoph: Die Orgeln der Katharinenkirche. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 473‒488. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland‒Pfalz. Kreis Mainz‒Bingen: Verbandsgemeinde Nierstein‒Oppenheim. Bearbeitet von Dieter Krienke. Band 18.3. Worms 2011. Generaldirektion Kulturelles Erbe Mainz Dokumentationsarchiv. Schöbel, Tina u.a.: Abschlussdokumentation.
[2]
Arens, Fritz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Bau und Ausstattung. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 9‒37.
[3]
[4]
Reste des spätgotischen Lettners zwischen den Türmen.
Reste des spätgotischen Lettners zwischen den Türmen.

15. Jahrh.

Das Grabmal der Anna von Dalberg

Der gesamte Kirchenraum weist zahlreiche Grabdenkmäler auf. Von besonderer Bedeutung ist das Grabmal für Anna von Dalberg. Sie starb 1410 mit nur elf Jahren. Kunstvoll ist das Grabdenkmal dreidimensional ausgearbeitet. Die fließenden Formen des Faltenwurfes sind charakteristisch für den sogenannten weichen Stil, der sich Ende des 14. Jahrhunderts in der Bildhauerei in Europa verbreitete. Typisch ist auch der grazile, insgesamt träumerische wirkende Ausdruck der Figuren.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Das Grabdenkmahl Anna von Dalbergs
Das Grabdenkmahl von Nahem

15. Jahrh.

Das spätgotische Gewölbe im Westchor

Wie ein räumlicher Rekonstruktionsversuch des Gewölbes veranschaulicht, war das alte Gewölbe großzügiger aufgebaut als heute. Zur Datierung des Gewölbes im Westchor liegen kontroverse Thesen vor: Das Musterbuch des Hans Hammer sowie eine erhaltene Planvariante legen eine Verbindung mit der Straßburger Münsterbauhütte nahe. Die Überlieferung zur Innenausstattung des Westchores, nämlich die Anschaffung eines Chorgestühls 1499 und der Bau einer Orgel 1508 lassen hingegen vermuten, dass das Gewölbe vergleichsweise spät eingezogen wurde. Demnach dürfte der neue Chor, der bereits 1439 geweiht worden war, erst sehr viel später mit einem Gewölbe ausgestattet worden sein.
weiterführende Literatur
[1]
Julian Hanschke: Das spätgotische Gewölbe des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche. Rekonstruktion nach einem mittelalterlichen Bauplan. In situ – Zeitschrift für Architekturgeschichte, IV (2012), S. 69–76.
[2]
[3]
[4]
Gegenüberstellung des heutigen, von Paul Meißner bis 1937 rekonstruierten Gewölbes (links) mit dem ursprünglichen Gewölbe nach dem Bauplan im Musterbuch des Hans Hammer (Fotomontage rechts).
Gewölbegrundriss des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche im Skizzenbuch des Hans Hammer.

15. Jahrh.

Michaelskapelle mit Beinhaus

Im Erdgeschoss der doppelstöckigen Michaelskapelle, einer Totenkapelle aus der Zeit vor 1424, befindet sich das sogenannte Beinhaus. Hier sind die Gebeine, also Knochen und Schädel von etwa 20.000 Menschen aus Oppenheim aufgeschichtet. Die sterblichen Überreste stammen aus der Zeit von 1400 – 1750. Die Enge des Friedhofs hatte damals Umbettungen immer wieder notwendig gemacht. Das Oppenheimer Beinhaus gilt als das größte und am besten erhaltene seiner Art in Deutschland. Der Name Michaelskapelle bezieht sich auf den Erzengel Michael. Er wird als der Begleiter der Seelen verehrt.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Die Michaelskapelle
Innenraum der Michaelskapelle
Das Beinhaus im Erdgeschoss der Michaelskapelle

15. Jahrh.

Das frühere Eingangsportal

Vom Westchor gelangt man über das sogenannte Verkündigungsportal ins Mittelschiff der Kirche. Hier bestand bis zum frühen 15. Jahrhundert das frühere Hauptportal. Erst nachdem der Westchor errichtet wurde, diente es als innere Verbindung zum gotischen Langhaus. Das Portal zeigt in den beiden Medaillons die Empfängnis durch das Ohr. Gemeint ist biblische Erzählung, wonach der Erzengel Gabriel Maria verkündigt, dass sie den Sohn Gottes gebären wird. Während Maria der Verkündigung lauscht, erfolgt die Empfängnis durch das Ohr - und Maria wird schwanger.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Das Westportal
Die Verkündigungsszene am Westportal

1476

Zum ewigen Angedenken

Wolfgang III. Kämmerer von Worms, genannt von Dalberg, (* 4. September 1426 in Oppenheim; † 20. September 1476 in Oppenheim) war Hofmarschall des Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz. Er war der zweite Sohn von Johann XVII. Kämmerer von Worms, der ab 1390 erwähnt wird und am 2. Juli 1431 in der Schlacht von Bulgnéville fiel. Seine Mutter Anna - die Tochter von Hans und Guitgin von Helmstatt - starb am 10. Juni 1466 und wurde in Oppenheim beigesetzt. Wolfgang III. heiratete 1444 Gertrud von Greiffenklau zu Vollrads († 10. August 1502, bestattet in der Katharinenkirche in Oppenheim).
weiterführende Literatur
[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_III._K%C3%A4mmerer_von_Worms
[2]
[3]
[4]
Grabdenkmal von Wolfgang III. Kämmerer von Worms.

1439

Werkmeisterbuch von Hans Hammer

Hans Hammer war Steinmetz und Werkmeister am Münster zu Straßburg. Er verstarb vor dem 17. November 1519. Seine Ausbildung erhielt er um 1460-1472 unter Jodok Dotzinger. 1486 erfolgte seine Ernennung zum Münsterwerkmeister. Als sein wichtigstes Werk gilt die ab 1486 errichtete Kanzel des Straßburger Münsters, zu der in der Straßburger Münsterbauhütte noch der Originalentwurf erhalten ist. Um 1488 soll Hammer am Bau des Martinsturmes am Baseler Münster tätig gewesen sein. Im Werkbuch des Hans Hammer haben sich Skizzen erhalten, die vermuten lassen, dass er an der Einwölbung des Oppenheimer Westchores, der 1439 geweiht wurde, beteiligt war. Aufgrund seiner Funktion als Werkmeister der Straßburger Münsterbauhütte darf Hammer ohne weiteres zu den bedeutendsten Baumeistern der deutschen Spätgotik gerechnet werden.
weiterführende Literatur
[1]
Hanschke, Julian: Das spätgotische Gewölbe des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche Rekonstruktion nach einem mittelalterlichen Bauplan. S. 69-76
[2]
[3]
[4]
Gewölbegrundriss des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche im Skizzenbuch des Hans Hammer, Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel (Cod. Guelf. 114.1 Extrav., Fol 49).

1424

Von Toten und Lebenden – die Michaelskapelle und der Stiftsbezirk

Der ummauerte Kirchhof markiert den ehemaligen Stiftsbezirk. Seit der Erhebung zum Stift 1317 entstanden in diesem Bereich weitere Gebäude, von denen heute allerdings so gut wie nichts mehr erhalten geblieben ist. Im Jahr 2001 fanden sich bei Bauarbeiten jedoch Reste eines gewölbten Kellers. Auf der Nordseite der Katharinenkirche wurde die Totenkapelle direkt an den Hang gebaut. Dieses Areal wurde vom 13. bis ins 18. Jahrhundert als Friedhof genutzt. Die mit dem Patrozinium des Erzengels Michael geweihte Kapelle wird in den Schriftquellen erstmals im Jahr 1424 erwähnt. Im Untergeschoß des zweigeschossigen Gebäudes befindet sich das Beinhaus. In diesem sind noch heute die Gebeine von ca. 20.000 Toten untergebracht. Um Platz für neue Gräber zu schaffen, wurden die älteren Gebeine auf dem Friedhof regelmäßig entnommen und im Beinhaus säuberlich verwahrt.
weiterführende Literatur
[1]
Arens, Fritz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Bau und Ausstattung. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 9‒37.
[2]
Hanschke, Julian: Oppenheim am Rhein: Baugeschichte, Baudenkmäler, Stadtgestalt. Baugeschichtliche Forschungen zum historischen Stadtbild von Oppenheim am Rhein. Karlsruhe 2010. (Materialien zu Bauforschung und Baugeschichte, Band 16)
[3]
Schnabel, Berthold/Schöbel, Tina: Oppenheim, St. Katharina. Kollegiatstift. In: Pfälzisches Klosterlexikon. Handbuch der pfälzischen Klöster, Stifte und Kommenden. Band 3 M‒R herausgegeben von Jürgen Keddigkeit, Matthias Untermann, Hans Ammerich, Pia Heberer und Charlotte Lagemann (Beiträge zur pfälzischen Geschichte 26.3). Kaiserslautern 2015, S. 478‒517.
[4]
Michaelskapelle iin einer historische Fotografie um 1877.
Blick in das Beinhaus
Blick ins Beinhaus

1415

Zum ewigen Angedenken

Johann XI. Kämmerer von Worms, genannt von Hohenstein, (* um 1345; † 9. Oktober 1415) war ein deutscher Adeliger im Dienste der Kurpfalz. Johann XI. war zwei Mal verheiratet: In erster Ehe mit Elisabeth von Wunnenberg († 1397), Tochter des Oppenheimer Reichsschultheißen Philipp von Wunnenberg. Nach deren Tod schloss er am 26. März 1398 eine zweite Ehe mit Anna von Bickenbach († 22. Mai 1415).
weiterführende Literatur
[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_XI._K%C3%A4mmerer_von_Worms
[2]
[3]
[4]
Grabdenkmal von Johann XI. Kämmerer von Worms.

1414

Der Frankfurter Dombaumeister Madern Gerthener

Zu den wenigen namentlich bekannten Steinmetzen, die an St. Katharinen gearbeitet haben, zählt der Frankfurter Dombaumeister Madern Gerthener. Um 1414/1415 taucht sein Name im Zusammenhang mit dem südlichen Portalbau am Westchor der Oppenheimer Katharinenkirche in den Urkunden auf. Gerthener entstammte einer angesehenen Frankfurter Steinmetzfamilie. Nach dem Tode seines Vaters übernimmt Madern Gerthener dessen Werkstatt. Nach einer mehrjährigen Wanderschaft, die ihn vermutlich nach Ulm und Prag führte, kehrt Gerthener nach Frankfurt zurück. Als Werkmeister des Rates (seit 1395) und des Bartholomäusstiftes (seit 1409) ist er für das Bauwesen in der Reichsstadt verantwortlich. Zu seinen Bauaufgaben zählte der Brückenbau und der Bau der Wehranlagen in Frankfurt. 1400 und 1427/28 errichtete er den Eschenheimer Turm, den er mit zwei von ihm erstellten Wappenreliefs schmückte. Als Bildhauer schuf Gerthener zudem zahlreiche Grabmale für die Frankfurter Patrizierschicht. Sein Hauptwerk war der Kaiserdom St. Bartholomäus, wo er die Einwölbung des Querhauses vornahm und mit der Errichtung des Turmbaus begann. Dieser wurde erst im frühen 16. Jahrhundert nach seinen Plänen vollendet. Aufgrund stilistischer Parallelen werden Madern Gerthener auch Arbeiten an den weiteren Frankfurter Sakralbauten zugeschrieben. Seine bedeutende Stellung unter den spätgotischen Werkmeistern bezeugt seine für das Jahr 1419 nach Straßburg bezeugte Reise, wo – nach dem Ableben des Straßburger Münsterbaumeisters Ulrich von Ensingen – der weitere Ausbau des Straßburger Münsterturmes beraten wurde.
weiterführende Literatur
[1]
Leonhard Kraft: Die Baugeschichte der Oppenheimer Katharinenkirche im Mittelalter. In: Ernst Jungkenn: Neue Forschungen zur Geschichte Oppenheims und seiner Kirchen, Darmstadt 1938, S. 52-55.
[2]
Fischer, Friedhelm, „Gertener, Madern“ in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 331.
[3]
Bernhard Schütz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Berlin/New York 1982 (Beiträge zur Kunstgeschichte 17), S. 298.
[4]
Johann Josef Böker, Anne-Christine Brehm, Julian Hanschke, Jean-Sébastien Sauvé: Architektur der Gotik. Ulm und Donauraum. Ein Bestandskatalog der mittelalterlichen Architekturzeichnungen aus Ulm, Schwaben und dem Donaugebiet. Salzburg 2011.
Der Frankfurter Domturm geht auf eine Planung des Dombaumeisters Madern Gerthener zurück.

1410

König Ruprecht stirbt in Oppenheim auf Burg Landskron

1410 starb König Ruprecht in Oppenheim auf Burg Landskron, die ihm nachweislich als Residenz während seiner häufigen Aufenthalte in Oppenheim diente, darunter im September 1403 und 1405 bei einem Treffen der Kurfürsten in Oppenheim. Als weiteres Indiz für eine pfälzische Einflussnahme stellt die allerdings unverbürgte Überlieferung dar, dass 1632 das Herz Friedrichs V. von der Pfalz im Westchor der Oppenheimer Katharinenkirche bestattet wurde.
weiterführende Literatur
[1]
Wilhelm Franck: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Oppenheim am Rhein. Nach urkundlichen Quellen be- arbeitet. Darmstadt 1859, S. 43.
[2]
Carl Wernher: Rheinhessen in seiner Vergangenheit. Band 6: Oppenheim. Mainz 1925.
[3]
Walther Möller: Die Wappen in den Glasfenstern der Katharinenkirche zu Oppenheim. In: Ernst Jungkenn: Neue Forschungen zur Geschichte Oppenheims und seiner Kirchen. Darmstadt 1938, S. 110-126.
[4]
Oliver Auge: Ein kleiner König? Zum 600. Todestag König Ruprechts von der Pfalz (14001410). In: Oppenheimer Hefte 39 (2011), S. 2-29.
Grabmal König Ruprechts in der Heiliggeistkirche zu Heidelberg.

1407

Ein römisch-deutscher Kaiser auf der Burg Landskron

Wie es scheint, dürfte im frühen 15. Jahrhundert auch die Pfalzgrafschaft bei Rhein als Stifter an St. Katharinen involviert gewesen sein. So fällt die Errichtung des Westchors bald nach 1400 in die frühe Phase der kurpfälzischen Pfandschaft bzw. in die Regierungszeit König Ruprechts von der Pfalz und seines Sohnes Ludwigs III. Wie am Ruprechtsbau des Heidelberger Schlosses wurde der Frankfurter Dombaumeister Madern Gerthener als planender Werkmeister berufen. 1410 starb König Ruprecht in Oppenheim auf Burg Landskrone, die ihm nachweislich als Residenz während seiner häufigen Oppenheimer Aufenthalte diente, darunter im September 1403 und 1405 bei einem Kurfürsten-Treffen in Oppenheim. Als weiteres Indiz für eine pfälzische Einflussnahme stellt die allerdings unver-bürgte Überlieferung dar, dass 1632 das Herz Friedrichs V. von der Pfalz im Westchor der Oppenheimer Katharinenkirche bestattet wurde.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
https://www.deutsche-biographie.de/gnd118750410.html#ndbcontent
[3]
[4]
Ruprecht von der Pfalz

1407

Das Verkündigungsportal zwischen Langhaus und Westchor

Zwischen den aus romanischer Zeit stammenden Westtürmen wurde im frühen 15. Jahrhundert ein neues Portal eingebaut: Heinrich von Bretheim erhält um 1407 19 Gulden für Bildwerke, die zu diesem Portal gehören. Die Schauseite des Verkündigungsportals und die benachbarten Türme bildeten zu dieser Zeit die Westfassade und damit den Abschluss der Kirche. Das Bildprogramm des Portals zeigt die Verkündigung an Maria: Maria sitzt am Lesepult auf der rechten Seite, ihr gegenüber ist der Verkündigungsengel wiedergegeben. Der Engel wird von Gottvater begleitet, der einen Sendstrahl zu Maria schickt. Auf diesem Sendstrahl sind rechts das Christuskind mit Kreuz und die Taube des Heiligen Geistes dargestellt. Bereits ab 1414 entscheidet man sich, einen Westchor zu bauen und gegen die Westfassade zu setzen. Damit rückt das neue Portal von der Fassade in den Innenraum der Kirche.
weiterführende Literatur
[1]
Arens, Fritz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Bau und Ausstattung. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 9‒37.
[2]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland‒Pfalz. Kreis Mainz‒Bingen: Verbandsgemeinde Nierstein‒Oppenheim. Bearbeitet von Dieter Krienke. Band 18.3. Worms 2011. Generaldirektion Kulturelles Erbe Mainz Dokumentationsarchiv. Schöbel, Tina u.a.: Abschlussdokumentation. Hanschke, Julian: Oppenheim am Rhein: Baugeschichte, Baudenkmäler, Stadtgestalt. Baugeschichtliche Forschungen zum historischen Stadtbild von Oppenheim am Rhein. Karlsruhe 2010. (Materialien zu Bauforschung und Baugeschichte, Band 16)
[3]
Schnabel, Berthold/Schöbel, Tina: Oppenheim, St. Katharina. Kollegiatstift. In: Pfälzisches Klosterlexikon. Handbuch der pfälzischen Klöster, Stifte und Kommenden. Band 3 M‒R herausgegeben von Jürgen Keddigkeit, Matthias Untermann, Hans Ammerich, Pia Heberer und Charlotte Lagemann (Beiträge zur pfälzischen Geschichte 26.3). Kaiserslautern 2015, S. 478‒517.
[4]
Schütz, Bernhard: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Berlin / New York 1982. (Beiträge zur Kunstgeschichte, Band 17)
Zeichnung des Verkündigungsportals.
Historische Fotografie des Verkündigungsportals, 1877.
pictverkuendigungsportal3.jpg

14.-18. Jahrh.

Totengedenken – Denkmale in der Katharinenkirche

Trotz des konfessionellen Bildersturms, verschiedener Kriege und anderer Katastrophen sind bis heute etwa 100 Grabmale und Epitaphe seit dem 14. Jahrhundert erhalten geblieben. Allerdings entsprechen die heutigen Aufstellungsorte der Denkmale nicht unbedingt der historischen Situation. Die Katharinenkirche kann man als „Bilderbuch“ für die Gestaltung der Grabdenkmale verstehen: Die architektonische Gestaltung entspricht dem jeweiligen Zeitgeschmack. Ab 1347 sind einfache Platten mit einer Umschrift und Wappen erhalten, die im späten 14. Jahrhundert mit einer zweiten Umschrift und nahezu lebensgroße Figuren der Verstorbenen versehen sind . In der Folgezeit kommen sowohl Hochgrabmale für Einzelpersonen als auch Doppelgrabmale vor. Im 15. Jahrhundert finden sich Hoch- und Wandgrabmale sowie Epitaphe für Stifter und Adelige. Einige Tafeln für die Kanoniker fallen etwas schlichter aus und werden lediglich mit einer kleinen Figur oder einem Kelch versehen. Für die Kanoniker des Stifts wurden teilweise Gedenkinschriften an den Außenwänden der Seitenkapellen eingemeißelt, wo sie heute noch zu finden sind. Bei vielen Grabmalen finden sich auch Wappen mit Helmzier. Unter den Grabmalen der Katharinenkirche sind bedeutende Familienmitglieder des lokalen Adels sowie Angehörige des Stifts vertreten. Die beeindruckende Qualität der Oppenheimer Denkmale zeigt sich auch darin, dass seit der Mitte des 18. Jahrhunderts Grabinschriften dokumentiert und Zeichnungen angefertigt worden sind.
weiterführende Literatur
[1]
Die Inschriften der Stadt Oppenheim. Bearbeitet von Siegrid Düll. Wiesbaden 1984. (Die Deutschen Inschriften Band 23).
[2]
Fuchs, Rüdiger: Die Katharinenkirche zu Oppenheim als Grablege. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 129‒157.
[3]
[4]
Grabmal der Anna von Dalberg.
Grabdenkmal des Konrad von Hantstein.
Grabdenkmäler im Westchor.

14. /15. Jahrh.

Jüdisches Leben in Oppenheim

Ab dem späten 13. Jahrhundert ist eine jüdische Gemeinde in Oppenheim nachweisbar. Nach der Verfolgung in den Pestpogromen von 1349 siedeln sich bereits 1353 wieder Juden in Oppenheim an. König Ruprecht III. bestätigte den Juden im Jahr 1400 ihre Freiheiten und gewährt ihnen Wohnrecht, solange sie ihre Steuern zahlen. Das Oberamt Oppenheim ist damit eine der wenigen Gegenden in der Kurpfalz, die im späten 15. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde beherbergen. Jedoch waren die Schutzzahlungen für manche jüdischen Familien auf Dauer nicht tragbar. 1674 ist eine Auflistung der „Recognitionsgelder“ (Schutzgelder) für Juden überliefert. Die drei dort aufgelisteten Juden aus Oppenheim sind die einzigen, die Zahlungen ganz oder wenigstens zur Hälfte leisten konnten. Durch die jüdische Gemeinde entsteht auch der Bedarf an Räumen für den religiösen Gebrauch. 1324/25 wird in Oppenheim die erste Synagoge gebaut. Ein Ritualbad (Mikwe) ist hingegen bislang nicht nachweisbar. Die Synagoge wurde wohl 1349 im Zuge des Pogroms zerstört. Von dieser ersten Synagoge ist ein Inschriftenfragment am sogenannten „Gelben Haus“ (Kirchstraße 29) in Oppenheim erhalten; das heute dort stehende Gebäude stammt allerdings aus dem 18. Jahrhundert. Eine neue Synagoge in der Rathofstraße / Ecke Kirchgasse wurde 1864 mit finanzieller Unterstützung des Stadtrates errichtet. Diese Synagoge fiel 1938 der Reichspogromnacht zum Opfer.
weiterführende Literatur
[1]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland‒Pfalz. Kreis Mainz‒Bingen: Verbandsgemeinde Nierstein‒Oppenheim. Bearbeitet von Dieter Krienke. Band 18.3. Worms 2011. Die Inschriften der Stadt Oppenheim. Bearbeitet von Siegrid Düll. Wiesbaden 1984. (Die Deutschen Inschriften Band 23)
[2]
Löwenstein, Leopold: Geschichte der Juden in der Kurpfalz nach gedruckten und ungedruckten Quellen dargestellt. Frankfurt 1895.
[3]
[4]

14. Jahrh.

Die „Lilie“

Die Glaskunst im südlichen Seitenschiff weist neben der „Ratsrose“ ein zweites bedeutendes Fenster im Westen auf: die "Lilie“. Dieses Fenster in Gestalt einer Lilie galt Zeitgenossen als so schön, dass sein Maßwerk um 1360 am Kölner Dom nachgebaut wurde.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Die „Lillie“

14. Jahrh.

Ein vielschichtiges Erscheinungsbild

Nach dem Aufblühen der freien Reichsstadt Oppenheim wandelten sich ab dem 14. Jahrhundert die politischen Verhältnisse. Dies führte nach und nach zum Verlust der städtischen Unabhängigkeit. Kennzeichnend ist hierfür die Verpfändung Oppenheims an den Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt im Jahre 1315. Aus eigener Kraft gelang es der Stadt 1353, sich aus der Pfandschaft zu lösen. Nach nur drei weiteren Jahren verpfändete Kaiser Karl IV. Oppenheim an das Mainzer Bistum. Nach dem Ende der Mainzer Pfandschaft wurde Oppenheim 1375 schließlich von der Kurpfalz erworben. Als 1398 die Erblichkeit der kurpfälzischen Pfandschaft festgeschrieben wurde, hatte Oppenheim de facto seinen Status als freie Reichsstadt verloren. Diese wechselnden Herrschaftsverhältnisse haben auch an St. Katharinen Spuren hinterlassen. Als unbestritten gilt, dass die große Schaufront nach Süden auf die Bautätigkeit des Mainzer Erzstifts zurückgeht.
weiterführende Literatur
[1]
Wilhelm Franck: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Oppenheim am Rhein. Nach urkundlichen Quellen be- arbeitet. Darmstadt 1859, S. 43.
[2]
Carl Wernher: Rheinhessen in seiner Vergangenheit. Band 6: Oppenheim. Mainz 1925.
[3]
Walther Möller: Die Wappen in den Glasfenstern der Katharinenkirche zu Oppenheim. In: Ernst Jungkenn: Neue Forschungen zur Geschichte Oppenheims und seiner Kirchen. Darmstadt 1938, S. 110-126.
[4]
Oliver Auge: Ein kleiner König? Zum 600. Todestag König Ruprechts von der Pfalz (14001410). In: Oppenheimer Hefte 39 (2011), S. 2-29.

um 1400

Die Pfalzgrafschaft bei Rhein als Stifter an St. Katharinen

Wie es scheint, war im frühen 15. Jahrhundert auch die Pfalzgrafschaft bei Rhein als Stifter an St. Katharinen involviert. So fällt die Errichtung des Westchors bald nach 1400 in die frühe Phase der kurpfälzischen Pfandschaft bzw. in die Regierungszeit König Ruprechts von der Pfalz und seines Sohnes Ludwigs III. Wie am Ruprechtsbau des Heidelberger Schlosses wurde der Frankfurter Dombaumeister Madern Gerthener als planender Werkmeister berufen.
weiterführende Literatur
[1]
Wilhelm Franck: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Oppenheim am Rhein. Nach urkundlichen Quellen be- arbeitet. Darmstadt 1859, S. 43.
[2]
Carl Wernher: Rheinhessen in seiner Vergangenheit. Band 6: Oppenheim. Mainz 1925.
[3]
Walther Möller: Die Wappen in den Glasfenstern der Katharinenkirche zu Oppenheim. In: Ernst Jungkenn: Neue Forschungen zur Geschichte Oppenheims und seiner Kirchen. Darmstadt 1938, S. 110-126.
[4]
Oliver Auge: Ein kleiner König? Zum 600. Todestag König Ruprechts von der Pfalz (14001410). In: Oppenheimer Hefte 39 (2011), S. 2-29.

13.-15. Jahrh.

Reich ausgestalteter Innenraum – Fragmente verlorener Ausstattungsstücke

Betrachten wir das Innere der Katharinenkirche, wirkt es durchaus nicht karg. Allerdings war die mittelalterliche Ausstattung noch deutlich reichhaltiger. Heute fehlen die Altäre in den Seitenkapellen ebenso wie das Chorgestühl, das Sakramentshaus, der Lettner und die Sängerempore. Daneben gehörten sicherlich auch Bildwerke und weitere Architekturelemente zur ursprünglichen Ausstattung. Vermutlich war der Fußboden der Katharinenkirche einst mit verzierten Fliesen ausgelegt; entsprechende Fragmente aus dem 13. Jahrhundert haben sich erhalten. Das Fragment einer Kleinarchitektur aus dem 15. Jahrhundert zeigt, dass auch Reliefs mit der Darstellung biblischer Szenen zur Ausstattung gehörten. Vermutlich sind auch einige Grabmale und Epitaphe im Verlauf der Jahrhunderte verloren gegangen. Durch überlieferte Abschriften der Inschriften sind diese zumindest namentlich bekannt.
weiterführende Literatur
[1]
Die Inschriften der Stadt Oppenheim. Bearbeitet von Siegrid Düll. Wiesbaden 1984. (Die Deutschen Inschriften Band 23).
[2]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[3]
[4]
Fragment des verloren geglaubten Grabmals der Anastasia von Helmstett von 1614

1332-1333

Der Mainzer Dom und die Katharinenkirche in Oppenheim

Eine interessante architektonische Parallele stellen die Langhauskapellen am Mainzer Dom dar, die mit ihren Maßwerkfenstern und Ziergiebeln Elemente des Oppenheimer Langhauses vorwegnehmen. Eine Verbindung mit dem Mainzer Dom bildete zudem der Vierungsturm der Oppenheimer Katharinenkirche, der in der Anlage des gotischen Ostturms am Mainzer Dom ein Pendant besaß. Gleichwohl war auch im 14. Jahrhundert der städtische Rat am Bau der Kirche beteiligt: Hierauf weist das berühmte Rosenfenster hin, welches die Langhausfront um ein besonders prachtvoll gestaltetes Einzelelement bereicherte. Die 1332/33 angefertigte Verglasung zeigt die Wappen der 16 bürgerlichen und 16 adeligen Mitglieder des Oppenheimer Stadtparlaments.
weiterführende Literatur
[1]
Wilhelm Franck: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt Oppenheim am Rhein. Nach urkundlichen Quellen be- arbeitet. Darmstadt 1859, S. 43.
[2]
Carl Wernher: Rheinhessen in seiner Vergangenheit. Band 6: Oppenheim. Mainz 1925.
[3]
Walther Möller: Die Wappen in den Glasfenstern der Katharinenkirche zu Oppenheim. In: Ernst Jungkenn: Neue Forschungen zur Geschichte Oppenheims und seiner Kirchen. Darmstadt 1938, S. 110-126.
[4]
Oliver Auge: Ein kleiner König? Zum 600. Todestag König Ruprechts von der Pfalz (14001410). In: Oppenheimer Hefte 39 (2011), S. 2-29.
C. Hertel, Katharinenkirche – Gesammtansicht von Süden, um 1889.
Hermann Emden: Mainzer Dom von Süd- osten, 1858.

1332/33

Die Oppenheimer Rosen – Die Maßwerk-Fenster der Katharinenkirche

Schon früh erlangt die Katharinenkirche durch die Gestaltung ihrer Maßwerkfenster Berühmtheit: Bereits in seinem Überblickswerk zur mittelalterlichen Architektur aus dem Jahr 1821 hat Georg Mollers beide Rosenfenster als herausragende Baudetails der Kirche abgebildet. Diese Fenster etablieren sich in der Folgezeit als besonderes Merkmal der Oppenheimer Gotik. Das östliche Rosenfenster verdankt seine Bedeutung auch dem Umstand, dass ein großer Teil der historischen Verglasung erhalten ist. Durch die dargestellten Wappen der Stadträte von Oppenheim von 1332/33 kann das Fenster gut datiert werden. Der Oppenheimer Rat setzte sich zu dieser Zeit aus je 16 Burgmannen und Bürgern zusammen. Die Oppenheimer Rosen wurde schon im Mittelalter an anderen Bauten rezipiert: Die Form der Rosenfenster aus Oppenheim findet sich mit leichten Abwandlungen am Altarretabel in der Liebfrauenkirche Oberwesel wieder (Weihe Altar 1331). Auch am Kölner Dom wird die östliche Rose des Oppenheimer Langhauses am Petersportal der Westfassade um 1360 zitiert.
weiterführende Literatur
[1]
Becksmann, Rüdiger: Die mittelalterliche Farbverglasung der Oppenheimer Katharinenkirche. Zum Bestand und seiner Überlieferung. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 357‒405. Dölling, Regine: Oppenheim, St. Katharinen. Regensburg 2000. (Große Kunstführer Schnell und Steiner, Band 208)
[2]
Gast, Uwe / Engert, Ulrich: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Regensburg 2012. (Meisterwerke der Glasmalerei 5)
[3]
Möller, Walther: Die Wappen in den Glasfenstern der Katharinenkirche zu Oppenheim. Aus: Jungkenn, Ernst: Neue Forschungen zur Geschichte Oppenheims und seiner Kirchen. Darmstadt 1938, S. 111 ‒ 126.
[4]
Rauch, Ivo: Memoria und Macht : die mittelalterlichen Glasmalereien der Oppenheimer Katharinenkirche und ihre Stifter. Mainz 1997. (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte, Band 81).
Die berühmte Oppenheimer Rose mit dem Ratswappen
Zeichnung: Georg Moller 1821
Die Oppenheimer Rose, Aussenansicht.

1332/1333

Die „Ratsrose“

Links im Bild ein mächtiges Maßwerkfenster mit feiner gotischer Gliederung. Die Katharinenkirche ist berühmt für ihre Kirchenfenster. Die bekannteste ist die sogenannte Oppenheimer Rose. Von unten kaum erkennbar, sieht man von Nahem die Wappen der Oppenheimer Ratsherren. Die farbigen Gläser stammen aus der Zeit um 1332/33. Die Form folgt einer Heckenrose mit ihrem fünfblättrigen Aufbau.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Die Ratsrose im südlichen Seitenschiff
Die Ratsrose von Nahem

1331

Das Oppenheimer Langhaus und die Liebfrauenkirche in Oberwesel.

Das Oppenheimer Langhaus mit seiner reichen südlichen Maßwerkfront gilt als eine der großen Leistungen der deutschen Hochgotik. Im stilistischen Kontext der beiden Fensterrosen steht das um 1331 entstandene Altarretabel der Oberweseler Liebfrauenkirche, welches – ähnlich wie in Oppenheim – mit einer Folge von Rosetten sowie gotischen Giebeln geschmückt ist. Aufgrund der stilistischen Übereinstimmungen wird vermutet, dass Oppenheimer Bauleute nach der Vollendung des Langhauses an St. Katharinen nach Oberwesel wechselten und dort die Liebfrauenkirche im Stil der Hochgotik errichteten.
weiterführende Literatur
[1]
Eduard Sebald u.a.: Die Kunstdenkmäler des Rhein-Hunsrück-Kreises. Teil 2.2: Ehemaliger Kreis St. Goar. II. Stadt Oberwesel. München 1997.
[2]
Regine Dölling: Die Liebfrauenkirche in Oberwesel = Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz. Forschungsberichte 6. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 2002.
[3]
Bernhard Schütz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Berlin/New York 1982 (Beiträge zur Kunstgeschichte 17).
[4]
Rekonstruktion der Kapellen an der Langhaussüdseite.
St. Katharina zu Oppenheim. Teil der Südfassade., 1885.
pictoberweselliebfrauenkirchealtarretabelvon1332.jpg

1317

Räume für Stift und Stifter – die Seitenkapellen am Langhaus

Der Mainzer Erzbischof, Peter von Aspelt, erhebt die Oppenheimer Pfarrkirche im Jahr 1317 zum Stift. Eine Stiftskirche benötigt im Gegensatz zu einer Pfarrkirche mehrere Kapellen mit Altären. Diese wurden nördlich und südlich der Seitenschiffe entlang des gesamten Langhauses angeordnet und ragten mit einer offenen Bogenstellung in die Seitenschiffe. Heute sind diese Kapellen nur noch zur Hälfte erhalten. Nur in historischen Ansichten ist die ursprüngliche Konstruktion noch zu erkennen. Aus dem Jahr der Stiftserhebung ist an der Südfassade zwischen der zweiten und dritten Kapelle eine Inschrift in deutscher Sprache vorhanden. Die Inschrift belegt einerseits den Bau der Kapellen direkt nach der Erhebung zum Stift, anderseits verweist sie auf den seinerzeitigen Brotpreis von 4 Heller. Zum Vergleich: Der Leiter der Stiftsschule der Katharinenkirche verdiente im Jahr 720 Heller. In jeder der Kapellen stand einst ein Altar. Von dieser Nutzung sind heute nur noch die kleinen Nischen in den Wänden geblieben. Die früheste Altarstiftung für die Seitenkapellen ist für den vor 1325 errichteten Leonhardaltar bekannt.
weiterführende Literatur
[1]
Die Inschriften der Stadt Oppenheim. Bearbeitet von Siegrid Düll. Wiesbaden 1984. (Die Deutschen Inschriften Band 23).
[2]
Fuchs, Rüdiger: Medieval Inscriptions in the Mainz and Oppenheim Area: New Ideas and New Research. In: Engel, Ute / Gajewski, Alexandra: Mainz and the Middle Rhine Valley. Medieval art, architecture and archaeology. Mainz 2007, S.132‒141. (British Archaeological Association: Conference transactions 30)
[3]
Clemm, Ludwig: Geschichte des St. Katharinenstifts zu Oppenheim. In: Jungkenn, Ernst: Neue Forschungen zur Geschichte Oppenheims und seiner Kirchen. Darmstadt 1938, S.61‒109.
[4]
Schnabel, Berthold/Schöbel, Tina: Oppenheim, St. Katharina. Kollegiatstift. In: Pfälzisches Klosterlexikon. Handbuch der pfälzischen Klöster, Stifte und Kommenden. Band 3 M‒R herausgegeben von Jürgen Keddigkeit, Matthias Untermann, Hans Ammerich, Pia Heberer und Charlotte Lagemann (Beiträge zur pfälzischen Geschichte 26.3). Kaiserslautern 2015, S. 478‒517.
Zeichnung: Johannes Franciscus von Wickenburg 1747-52
Die sogenannte „Brotsein-Inschrift“ von 1317 an der Fassade der südlichen Kapellenreihe
pictnischeinkapelle.jpg

1317

Schmuck soweit das Auge reicht: Das prachtvolle Langhaus der Katharinenkirche

Ein besonderes Merkmal der Oppenheimer Katharinenkirche ist die nach Süden ausgerichtete Schaufassade des Langhauses. Im Vergleich dazu wirkt die Nordfassade geradezu schmucklos. Bei gotischen Kirchen ist eine aufwändig gestaltete Westfassade üblich. Die besondere Ausrichtung der Schaufassade erklärt sich in Oppenheim durch die Position der Kirche in Beziehung zum Stadtraum: Wenn man so will, präsentiert sich die prachtvolle Südfassade als „Schokoladenseite“ zur Stadt hin. Die Art der Gestaltung lässt sich auch als kirchenpolitische Demonstration verstehen: Die Grenze zwischen Mainzer und Wormser Bistum wurde 1258 neu gezogen und verlief südlich der Katharinenkirche quer durch Oppenheim. 1315 wurde die Kirche an den Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt verpfändet und 1317 von ihm zum Stift erhoben. Die Südfassade vereint die rein lagebedingte Hauptseite der Kirche und Ambitionen des Erzbischofs in einer komplett in Baudekor aufgelösten Fassade.
weiterführende Literatur
[1]
Arens, Fritz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Bau und Ausstattung. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 9‒37.
[2]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland‒Pfalz. Kreis Mainz‒Bingen: Verbandsgemeinde Nierstein‒Oppenheim. Bearbeitet von Dieter Krienke. Band 18.3. Worms 2011.
[3]
Gallet, Yves: Is There a German Decorated Style? Reflections on the Church of St. Catherine (Oppenheim) and German Architecture in the First Half of the Fourteenth Century. In: Engel, Ute / Gajewski, Alexandra: Mainz and the Middle Rhine Valley. Medieval art, architecture and archaeology. Mainz 2007, S.156‒166. (British Archaeological Association: Conference transactions 30)
[4]
Hanschke, Julian: Oppenheim am Rhein: Baugeschichte, Baudenkmäler, Stadtgestalt. Baugeschichtliche Forschungen zum historischen Stadtbild von Oppenheim am Rhein. Karlsruhe 2010. (Materialien zu Bauforschung und Baugeschichte, Band 16)
Südfassade des Langhauses der Katharinenkirche
Südfassade des Langhauses der Katharinenkirche

27.7.1317

Doppelte Aufgabe - das Katharinenstift

Die Gründung des Katharinenstifts erfolgt am 27.7.1317 durch den Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt. Statt der ursprünglich geplanten zwölf Kanoniker besteht das Stiftspersonal zu Beginn aus einem leitenden Propst und zehn Kanonikern. Der amtierende Pfarrer Drabodo wurde zum Propst ernannt, die zehn Vikare zu Kanonikern befördert. Da der Pfarrer nun das Amt des Propstes innehatte, wurden für die Seelsorge zusätzlich zwei Kanoniker bestellt. Durch die Vereinigung von Pfarrei und Stift wurden sowohl Pfarrmessen als auch Messen der Stiftsgeistlichkeit in der Kirche abgehalten. Für die Stiftsangehörigen wurde erst 100 Jahre nach der Gründung mit dem Westchor ein eigener Raum für Messfeiern geschaffen. Die Mitglieder des Katharinenstifts stammten überwiegend aus dem Oppenheimer Bürgertum. Viele der Kanoniker besaßen eine akademische Ausbildung. 28 der Stiftsangehörigen sind in der Katharinenkirche bestattet worden. Mit der Einführung der Reformation ging es auch mit dem Stift langsam zu Ende; im Jahr 1565 besteht das Stift nur noch aus drei Mitgliedern.
weiterführende Literatur
[1]
Hehl, Ernst-Dieter: Das Kollegiatsstift St. Katharina zu Oppenheim. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 59‒86.
[2]
Schnabel, Berthold/Schöbel, Tina: Oppenheim, St. Katharina. Kollegiatstift. In: Pfälzisches Klosterlexikon. Handbuch der pfälzischen Klöster, Stifte und Kommenden. Band 3 M‒R herausgegeben von Jürgen Keddigkeit, Matthias Untermann, Hans Ammerich, Pia Heberer und Charlotte Lagemann (Beiträge zur pfälzischen Geschichte 26.3). Kaiserslautern 2015, S. 478‒517.
[3]
[4]
Grabinschriften des 15. Jahrhunderts von Stiftskanonikern an den Seitenkapellen

1315-1317

Die Hungersnot von 1315-1317

Während das 13. Jahrhundert als Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs in die Geschichte eingegangen ist, war das 14. Jahrhundert von Krisen gekennzeichnet: Als katastrophal erwies sich die Pest um 1349. Große Teile der europäischen Bevölkerung wurden durch die Seuche dahingerafft. Die Hungersnot von 1315–1317 hatte ähnliche Ausmaße. Betroffen waren unter anderem Deutschland, Frankreich, die Niederlande, die Britischen Inseln, Skandinavien, Osteuropa, Spanien und in geringerem Maße Norditalien. Die Preise für Getreide stiegen enorm an. In der Folge verhungerten mehrere Millionen Menschen. Ganze Dörfer starben aus und wurden zu Wüstungen. Die feuchte und kalte Witterung der Jahre 1315–1317 traf auf eine verwundbare Gesellschaft: Im Hochmittelalter war es in Europa zu einem starken Bevölkerungswachstum gekommen. Die Agrarproduktion hatte Anfang des 14. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht – allerdings nahm im gleichen Maße die Bodenerschöpfung zu; Preissteigerungen durch das Horten von Getreide, kriegerische Auseinandersetzungen und ein für feuchte Witterung anfälliges Transportsystem machten aus den Ernteausfällen erst eine Hungersnot.
weiterführende Literatur
[1]
Eintrag Wikipedia: Hungersnot von 1315–1317
[2]
Werner Rösener: Die Bauern in der europäischen Geschichte. Beck, München 1993, S. 90f.
[3]
[4]
Sogenannter Hungerbrotstein an der Langhaussüdfassade.
Sogenannter Hungerbrotstein an der Langhaussüdfassade.

13. Jahrh.

Wasserspeier erzählen Geschichten

Wasserspeier an gotischen Kirchen haben oft nicht nur eine bauliche Funktion, sie erzählen auch Geschichten. Von unten erkennt man die Details in der Regel nicht. Der abgebildete Wasserspeier thematisiert die biblische Geschichte von Jona und dem Wal. Der Prophet hatte sich einem Auftrag Gottes entzogen und wurde zur Strafe von einem Wal verschlungen. Nach der biblischen Erzählung erhörte Gott Jonas Flehen und nach drei Tagen gab der Wal ihn wieder frei. Nach dem theologischen Verständnis ist diese Erzählung des Alten Testaments als eine Vorankündigung der Auferstehung Jesu zu sehen. Der hier gezeigte Wasserspeier ist nicht mehr das Original. Es musste ausgebaut und durch eine Kopie ersetzt werden.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Wasserspeier mit der Darstellung von Jona und dem Wal
Der gleiche Wasserspeier aus der Fußgängerperspektive

13. Jahrh.

Der romanische Vorgängerbau

Bis zum Bau der neugotischen Orgelempore befanden sich im Langhausjoch zwischen den Türmen noch Reste der romanischen Wandgliederung. Die Gestaltung der Wand lässt darauf schließen, dass der romanische Vorgängerbau mit Gewölberippen ausgestattet war. Nimmt man eine quadratische Vierung vor der archäologisch nachgewiesenen romanischen Apsis an, ergibt sich ein relativ kurzes, vierjochiges Langhaus, erschließt sich ein relativ kurzes, vierjochiges Langhaus. Am ehesten vergleichbar ist diese Konzeption der Anlage mit der Kirche St. Peter in Bacharach, die mit der Oppenheimer Wandgliederung in der romanischen Bauperiode weitgehend übereinstimmt.
weiterführende Literatur
[1]
Julian Hanschke: Oppenheim am Rhein, Baugeschichte, Baudenkmäler, Stadtgestalt, Karlsruhe 2010, S. 187-191.
[2]
[3]
[4]
Erhaltenes Schaftgesims der bis ca. 1840 noch erhaltenen romanischen Wandvorlagen im Gewölbejoch zwischen den romanischen Türmen.
St. Peter in Bacharach, vierzonige Wandgliederung aus Seitenschiffarkaden, Emporen, Blendbögen und Obergadenfenstern, In der Bildmitte dreiteilige Wandvorlage mit Schaftgesimsen.

13. Jahrh.

Bunte Bilder von Adligen und Bürgern – die mittelalterliche Glasmalerei

Der Innenraum des Langhauses ist geprägt durch die besondere Stimmung, die die bedeutenden farbigen Kirchenfenster erzeugen. In 16 Fenstern der Katharinenkirche sind noch 371 Scheiben Glasmalereien aus dem Mittelalter erhalten und bilden damit den größten, an einem Bauwerk erhaltenen Bestand in Rhein- und Südhessen. Die frühen Fensterverglasungen im Osten der Kirche werden 1276-96 durch die Oppenheimer Burgmannen und vermutlich sogar König Rudolf von Habsburg selbst beauftragt. Zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert wandelt sich der Personenkreis, der die Fenster stiftet. Waren es in den östlichen Fenstern Adelige, treten in den Fenstern des Langhauses 1332-50 neue „bürgerliche“ Stifter auf den Plan. Zu diesen gehören das Stift selbst, der Stadtrat, die ortsansässigen Zünfte und die Oppenheimer Patrizierfamilien. Dies findet sich eindrucksvoll in der östlichen Rose der Südfassade wieder – der sogenannten Ratsrose mit der Abbildung der Wappen der Oppenheimer Ratsherren. Das Fenster lässt sich dadurch auf die Jahre 1332/33 datieren. Die erhaltene Oppenheimer Verglasung zeigt einen einzigartigen Eindruck qualitätvoller Glasmalerei aus dem 13./14. Jahrhundert, der für diese Zeitspanne sonst im Großraum Worms, Mainz und Frankfurt fehlt.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Das Langhaus nach Südosten
Die Ratsrose im südlichen Seitenschiff

13. Jahrh.

Der spätromanische Vorgängerbau

Anzunehmen ist, dass St. Katharinen von Anfang an ein Gemeinschaftsprojekt verschiedener Institutionen war: Als Bauherren sind zunächst die Könige Richard und Rudolf von Habsburg zu nennen; beide nutzten Oppenheim als Quartierort auf dem Weg zu den großen Reichstagen. Auch das Erzstift Mainz trat als fördernder Bauherr auf – beim Langhaus, der Schaufassade der Kirche nach Süden hin zur Diözesangrenze in Richtung Worms. Daneben engagierte sich auch der ortsansässige Adel als Geldgeber. Dies ist durch die Wappen in den Fenstern und durch die zahlreichen Grabdenkmäler belegt. Adelsfamilien wie die Dalbergs, Gemmingens, Frankensteins stellten Burgmannen und Ministerialien auf Burg Landskrone und nutzten die Katharinenkirche als Grablege. Schließlich ist als Stifter auch die freie Reichsstadt selbst mit ihrem wohlhabenden Patriziat durch das Ratsfenster als Bauherrin nachgewiesen.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Rosenfenster von 1332/33 mit Wappen der Ratsmitglieder.

13. Jahrh.

Architektur aus 800 Jahren

Die Anfänge der Kirche gehen zurück auf die Zeit um 1220. Hiervon zeugen die ersten Geschosse der Türme mit ihren typischen spätromanischen Doppelfenstern. Rechts neben den Türmen erstreckt sich das Langhaus und die nach 1258 errichtete gotische Ostanlage. Dominant wirkt der mächtige Vierungsturm. 1439 weihte man den sogenannten Westchor mit seinen spätgotischen, hohen Fenstern ein; die alten Türme wurden für den höheren Westchor aufgestockt. Damit erhielt die Katharinenkirche weitgehend die Gestalt, wie wir sie heute sehen. Berühmt sind die ausdrucksvollen und fein gearbeiteten Maßwerkfenster des Langhauses. Die schönsten befinden sich auf der Südseite. Auch die Architektur ist hier prächtiger. Die Nordseite ist dagegen viel einfacher gehalten. Dass die Südfassade die Schauseite der Katharinenkirche ist, liegt an der Ausrichtung zur Stadt hin. Bei den verwendeten Formen von Architektur und Bauskulptur handelt es sich um modernste Gotik. Es finden sich Verweise auf den Kölner Dom, das Straßburger Münster und andere zeitgleiche Bauten. Die Oppenheimer Kirche steht in Modernität und Qualität keineswegs hinter den großen Kathedralbauten der Zeit zurück.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Die Katharinenkirche von Süden
Die Nordfassade der Katharinenkirche
Der gotische Vierungsturm

1297

Moderne Gotik – die Architektur des Langhauses

Am Langhaus der Katharinenkirche wurde ab Ende des 13. bis ins 14. Jahrhundert Baumaßnahmen durchgeführt. In den Kölner Schreinsbüchern wird im Jahr 1297 ein Werner von Koldembech aus einer Kölner Steinmetzfamilie als wohnhaft in Oppenheim erwähnt. Er war vermutlich auch am Bau der Katharinenkirche beteiligt. Ursprünglich plante man den Bau eines längeren Langhauses mit einer neuen Westanlage. Diese Planung wurde jedoch nicht ausgeführt. Stattdessen ließ man die westlichen Türme der Vorgängeranlage stehen und schloss den neuen Langhausbau im gotischen Stil direkt an die romanischen Türme an. Dieser Bauteil wurde in modernster Gotik ausgeführt. Die verwendeten Formen verweisen auf die Südfassade des Kölner Doms und zeigen auch eine Verwandtschaft zum Straßburger Münster. Die Oppenheimer Kirche steht somit in Modernität und Qualität nicht hinter den großen Kathedralbauten ihrer Zeit zurück. Bis ins 19. Jahrhundert besaß die Katharinenkirche eine Besonderheit, die bislang von keinem anderen Kirchenbau bekannt ist: Die seitlichen Kapellenreihen sprangen ursprünglich zur Hälfte in die Seitenschiffe vor und verliehen dem Innenraum damit ein einmaliges Aussehen.
weiterführende Literatur
[1]
Arens, Fritz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Bau und Ausstattung. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 9‒37.
[2]
Schnabel, Berthold/Schöbel, Tina: Oppenheim, St. Katharina. Kollegiatstift. In: Pfälzisches Klosterlexikon. Handbuch der pfälzischen Klöster, Stifte und Kommenden. Band 3 M‒R herausgegeben von Jürgen Keddigkeit, Matthias Untermann, Hans Ammerich, Pia Heberer und Charlotte Lagemann (Beiträge zur pfälzischen Geschichte 26.3). Kaiserslautern 2015, S. 478‒517.
[3]
Hanschke, Julian: Oppenheim am Rhein: Baugeschichte, Baudenkmäler, Stadtgestalt. Baugeschichtliche Forschungen zum historischen Stadtbild von Oppenheim am Rhein. Karlsruhe 2010. (Materialien zu Bauforschung und Baugeschichte, Band 16) Schütz, Bernhard: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Berlin / New York 1982. (Beiträge zur Kunstgeschichte, Band 17)
[4]
Schütz, Bernhard: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Berlin / New York 1982. (Beiträge zur Kunstgeschichte, Band 17)
Langhaus der Katharinenkirche, Blick von Süden mit den alten Türmen auf der linken Seite
Zeichnung: Franz Hubert Müller (1823-36)

1288

Oppenheimer Neustadt und Burg

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts entstand in der Nähe des Burgbergs eine planmäßig angelegte Siedlung. Diese Neugründung ist bis heute im Stadtgrundriss erkennbar: Zwischen den Straßen nördlich des Marktplatzes errichtete man das Gebäude des Marktvogtes. Die Gründung der Neustadt erfolgte auf dem Gelände, das der König zur Verfügung stellte. Dieser Bereich wird in den Urkunden ‚nova civitas’ oder ‚nova habilitatio’ genannt. Urkunden aus dem 13. Jahrhunderts belegen die Erhebung Oppenheims zur freien Reichsstadt. Um das Wachstum der Stadt zu fördern, sicherte Kaiser Friedrich II. im Jahr 1226 den Einwohnern Steuerfreiheit auf 10 Jahre und den Ritterbürgern Freiheit von Abgaben auf immer zu. Der Bau der Stadtmauer ist durch eine Urkunde von 1228 belegt. Diese belegt die finanzielle Beteiligung des Klosters Eberbach. Den Abschluss der Stadtwerdung markierte das Jahr 1234. In diesem Jahr wurde Oppenheim mit den gleichen Rechten wie die junge Reichsstadt Frankfurt ausgestattet.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Das Oppenheimer Stadtbild des späten Mittelalters hat Matthäus Merian in einer Stadtansicht von 1645 überliefert.

1276-1296

Bunte Bilder – die mittelalterliche Glasmalerei

In 16 Fenstern der Katharinenkirche sind noch insgesamt 371 Scheiben mit Glasmalereien aus dem Mittelalter erhalten und bilden damit den größten an einem Bauwerk erhaltenen Bestand in ganz Rhein- und Südhessen. Die frühen Fensterverglasungen im Osten der Kirche werden 1276-1296 durch die Oppenheimer Burgmannen und vermutlich sogar durch König Rudolf von Habsburg beauftragt. Waren es in den östlichen Fenstern Adelige, treten in den Fenstern des Langhauses 1332-1350 bürgerliche Stifter auf den Plan; darunter das Stift selbst, der Stadtrat, die ortsansässigen Zünfte und auch die Oppenheimer Patrizierfamilien. Die erhaltene mittelalterliche Verglasung vermittelt einen einzigartigen Eindruck von der Qualität der Glasmalerei des 13./14. Jahrhunderts im Großraum zwischen Worms, Mainz und Frankfurt.
weiterführende Literatur
[1]
Rauch, Ivo: Memoria und Macht : die mittelalterlichen Glasmalereien der Oppenheimer Katharinenkirche und ihre Stifter. Mainz 1997. (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte, Band 81).
[2]
Ivo Rauch: Die Farbverglasung der Oppenheimer Katharinenkirche ‒ Ihre Wiederherstellung zwischen Romanik und Historismus. In: Bornschein, Falko / Brinkmann, Ulrike / Rauch, Ivo : Erfurt, Köln, Oppenheim. Quellen und Studien zur Restaurierungsgeschichte mittelalterlicher Farbverglasungen Berlin 1996, S. 150–201 u. 264‒272. (Corpus vitrearum medii aevi. Deutschland‒Studien, Bd. 2).
[3]
Dölling, Regine: Oppenheim, St. Katharinen. Regensburg 2000. (Große Kunstführer Schnell und Steiner, Band 208)
[4]
Fenster im nördlichen Seitenschiff.
Oppenheimer Lilie im südlichen Seitenschiff.

1276

Wiederaufbau der Burg Landskron

1276 ließ Rudolf von Habsburg die von den Bürgern der Stadt bei einem Aufstand zerstörte Burg wiederherstellen. 1281/82 hielt sich der König sogar über einen Monat in Oppenheim auf. Als Wohnsitz diente ihm die zu diesem Zeitpunkt neu erbaute Burganlage, die über einen repräsentativen Hauptbau mit einem östlichen Kapellenerker verfügte.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]

1262

Der Kirchenneubau im Stil der Gotik ab 1262

Die gotische Ostanlage besteht aus einer quadratischen Vierung, zwei nördlich und südlich anschließenden quadratischen Querhausarmen und einem rechteckigen Chorjoch, das mit einer polygonalen Hauptapsis schließt. In den Zwickeln zwischen den beiden Armen des Querhauses und dem Chorjoch finden sich Nebenchöre. An der Nordseite ist zwischen Querhaus und Nebenchor ein Treppenturm zur Erschließung des Dachraums und des Vierungsturmes angefügt. Zwischen Hauptchor und südlichem Nebenchor befindet sich eine Sakristei. Die gotische Ostanlage wurden mit Rippengewölben ausgestattet. Zur Stabilisierung dienen die außen anschließenden Strebepfeiler. Die Ostanlage der Oppenheimer Katharinenkirche ist stilistisch eng mit den Bauten der lothringischen und rheinischen Gotik verwandt. Diagonal gestellte Nebenchöre finden sich an folgenden Vergleichsbauten: St. Yved in Braine (Weihe 1216), St. Martin in Ypern (Baubeginn 1221), Liebfrauen in Trier (um 1235/40), St. Viktor in Xanten (Baubeginn 1263, die Pfarrkirche von Ahrweiler (Baubeginn 1269) und schließlich die Schloßkirche in Pforzheim (ca. 1275-1300).
weiterführende Literatur
[1]
Bernhard Schütz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Berlin/New York 1982 (Beiträge zur Kunstgeschichte 17), S. 123-127.
[2]
[3]
[4]
Ansicht der Ostanlage mit Hauptchor und Nebenchören, Blick von Nordosten.
Trier, Liebfrauenkirche, Grundriss
pictoppenheimkatharinenkirchegrundrissostanlage.jpg

1258

Streit um kirchliche Hoheitsrechte

Mitte des 13. Jahrhunderts trat ein rechtlicher Streit bezüglich der kirchlichen Hoheitsrechte in den beiden Oppenheimer Siedlungen auf. 1258 schlichtete König Richard den Konflikt: Er legte die durch Oppenheim verlaufende Grenze zwischen den Diözesen Worms und Mainz neu fest und bestimmte, dass die Altstadt beim Wormser Bistum verbleiben solle, während die Neustadt in kirchlichen Angelegenheiten dem Mainzer Erzbistum unterstellt wurde.
weiterführende Literatur
[1]
Wilhelm Franck: Geschichte der ehemaligen Reichsstadt, Oppenheim am Rhein. Nach urkundlichen Quellen bearbeitet. Darmstadt 1859, S. 16.
[2]
Heinrich Büttner: Die Anfänge der Stadt Oppenheim. In: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde, Neue Folge, Bd. 24, H. 1 (1951), S. 17-36.
[3]
Ernst Stephan: Die alte Stadt Oppenheim. Ihre Baugeschichte seit den Anfängen. In: Der Wormsgau, Bd. 3, H. 4, 1954/55, S. 157-178.
[4]
Julian Hanschke: Oppenheim am Rhein, Baugeschichte, Baudenkmäler, stadtgestalt, Karlsruhe 2010, S. 23-25.
Die Oppenheimer Neustadt unterhalb der Katharinenkirche, Stadtplan von 1735.

1234

Erhebung zur Stadt und Bauboom

Die Gründung der Katharinenkirche erfolgte vermutlich um 1226 im Zusammenhang mit der Erhebung Oppenheims zur freien Reichsstadt. Vermutlich erfolgte in dieser Zeit die Fertigstellung des spätromanisch-frühgotischen Vorgängerbaus. Mit der Neuregelung der Diözesangrenze zwischen den Bistümern Mainz und Worms wurde St. Katharinen 1258 zur Pfarrkirche der Oppenheimer Neustadt. Diese erstreckte sich auf dem Gebiet nördlich der Krämerstraße und bildete ein planmäßig angelegtes Quartier mit dem heutigen Marktplatz. Nach der Überlieferung der beiden Oppenheimer Chroniken von 1643 und 1778 soll bereits im Jahr 1262 in Gegenwart von König Richard von Cornwall der Grundstein zum gotischen Neubau der Katharinenkirche gelegt worden sein. Als sicher kann gelten, dass der gotische Chor unter der Schirmherrschaft des Königs und der adeligen Oppenheimer Burgmannen entstand. Die Stifterfenster im Ostchor legen davon Zeugnis ab. Sowohl Richard von Cornwall als auch sein Nachfolger, Rudolf von Habsburg, haben mehrfach in Oppenheim Station gemacht.
weiterführende Literatur
[1]
Franz Hubert Müller: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Dritte Auflage. Frankfurt am Main 1853, S. 87.
[2]
Bernhard Schütz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Berlin/New York 1982 (Beiträge zur Kunstgeschichte 17), S. 69, 71.
[3]
Christofer Herrmann: Burgruine Landskron Oppenheim.Regensburg 2004, S. 8f.
[4]
Anton Neugebauer: „One of his favourite stopping places in Germany“. König Richard von Cornwall und die Stadt Oppenheim. In: Oppenheimer Hefte 38 (2010), S. 2-57.
Katharinenkirche und Burg Landskrone, Ansicht von Südosten.

frühes 13. Jahrh.

Der Vorgängerbau

Die Mauern der Katharinenkirche verraten viel über die Baugeschichte der Kirche: Die romanischen Türme der Katharinenkirche sind bisan der Ost- und Westseite durch jüngere Bauteile umbaut. Die oberen Abschlüsse der Türme wurden nach der Errichtung des jüngeren Westchores aufgestockt: Am Südturm entfernte man das romanische Giebelgeschoß zugunsten eines spätgotischen Glockengeschosses und einer achteckigen Türmerstube; am Nordturm erfolgte eine zweigeschossige Aufstockung. Als Überbleibsel des spätromanischen Westbaus ist der untere Teil der westlichen, zwischen den Türmen gelegenen Mauer zu betrachten. Die enorme Stärke der Westmauer lässt vermuten, dass hier ursprünglich ein romanisches Trichterportal stand. Beide Türme besitzen im Inneren des zweiten Obergeschosses noch einen zugemauerten Durchgang, der zum ehemaligen Dachstuhl der romanischen Kirche führte.
weiterführende Literatur
[1]
Paul Meißner: Zur Baugeschichte der Katharinenkirche zu Oppenheim. In Beiträge zur Kunst und Geschichte des Mainzer Lebensraumes. Festschrift für Ernst Neeb, Mainz 1936, S. 64-80. 1936, S. 76.
[2]
Bernhard Schütz: Die Katharinenkirche in Oppenheim. Berlin/New York 1982 (Beiträge zur Kunstgeschichte 17), S. 22-38.
[3]
[4]
Der romanische Südturm, eingezwängt zwischen Westchor und Langhaus, Ansicht von Südosten
Vermauerte Emporenöffnung im ersten Obergeschoss des romanischen Nordturms, Blick nach Süden.
Romanischer Südturm zwischen Westchor und Langhaus.
21. Jahrh.
21. Jahrh.
21. Jahrh.
21. Jahrh.
2023
Heute
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2006
2006
2006
2006
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2006
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1934-1937
1934-1937
1934–1937
1934–1937
1927
1892
1889
1888
1888
19.-21. Jahrh.
1888
1880
1879
1878-1889
1878-1889
1878-1889
1878-1889
1878
1878
1873
1871
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1855-1857
1852
1843-1845
1841
1838
1834-1845
1834-1845
1834-1845
1834-1845
um 1825
1823-1829
1823
1823
1821
1810-1821
19. Jahrh.
18./19. Jahrh.
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1698
1689-1708
1689
1688
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1643
1618-1648
17. Jahrh.
1609
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16./17. Jahrh.
1565
1553
1521
15./16. Jahrh.
15. Jahrh.
15. Jahrh.
15. Jahrh.
15. Jahrh.
1476
1439
1424
1415
1414
1410
1407
1407
14.-18. Jahrh.
14. /15. Jahrh.
14. Jahrh.
14. Jahrh.
um 1400
13.-15. Jahrh.
1332-1333
1332/33
1332/1333
1331
1317
1317
27.7.1317
1315-1317
13. Jahrh.
13. Jahrh.
13. Jahrh.
13. Jahrh.
13. Jahrh.
1297
1288
1276-1296
1276
1262
1258
1234
frühes 13. Jahrh.