Restaurierung & Forschung
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20. Jahrh.

Die Oppenheimer Sammlung – ein einmaliger Bestand an Objekten

Von den umfangreichen Restaurierungsarbeiten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts haben sich bis heute viele Zeugnisse erhalten. Der Sammlungsbestand umfasst über 100 Werksteine vom Mittelalter bis zum frühen 20. Jahrhundert, Bodenfliesen, Reste der Verglasung und Bauteile aus Holz. Darüber hinaus finden sich etwa 500 Gipsobjekte der Restaurierungsmaßnahmen zwischen 1830 und 1940 sowie Metallschablonen aus der Zeit von 1878 – 1889. Die große Anzahl an maßstäblichen Modellen und Abgüssen macht die Oppenheimer Sammlung einmalig – auch im Vergleich zu den Beständen der Kölner Dombauhütte. Abgüsse von verwitterter Bauskulptur sind bislang nur aus Oppenheim bekannt. Schon bei der ersten Einrichtung der Sammlung im Jahr 1927 befand man die Gipsteile als ausstellungswürdig. Um die Anschaulichkeit zu verstärken, wurden die Modelle farbig gefasst. Diese Wertschätzung der Gipsmodelle führte dazu, dass sich bis heute ein einmaliger Fundus in der Katharinenkirche erhalten hat.
weiterführende Literatur
[1]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[2]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
[3]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70.
[4]
Exemplarische Objektauswahl verschieder Materialien aus der Oppenheimer Sammlung

1934-1937

Sanierung der Oppenheimer Katharinenkirche unter Paul Meißner

Noch nicht einmal 50 Jahre nach der durchgreifenden Restaurierung unter Friedrich von Schmidt stand eine zweite große Sanierungskampagne an. Durch die zunehmende Luftverschmutzung und bautechnische Probleme der vergangenen Sanierungen waren großflächige Beschädigungen an den reich gestalteten Langhauswänden zu beklagen. Weiterhin waren viele Dächer undicht geworden, da die Regenwasserableitung nur unzureichend funktionierte. Um weitere Schäden zu verhindern, entschied sich der mit der Sanierung beauftragte Denkmalpfleger und Architekt Paul Meißner zu einer großflächigen Erneuerung verwitterter Werksteinpartien an den Fassaden. Weiterhin wurden die Dächer der Seitenschiffe und das Dach über dem Nordturm erneuert. Im Vierungsturm war darüber hinaus der Einbau einer Stützkonstruktion aus Beton nötig, um den fragilen Gesamtaufbau des Turmes zu stabilisieren. Als Meißners Hauptwerk im Zusammenhang mit der Oppenheimer Kirchensanierung gilt die Rekonstruktion des 1703 eingestürzten Westchorgewölbes. Obgleich Meißner der zeichnerisch überlieferte mittelalterliche Gewölbeplan im Musterbuch des Straßburger Münsterbaumeisters Hans Hammer noch nicht bekannt war, gelang es ihm, das Gewölbe in den wesentlichen Grundzügen richtig zu erfassen. Die Rekonstruktion des Gewölbes geschah auf Betreiben des Oppenheimer Historikers und Weingutbesitzers Ernst Jungkenn. Jungkenn gelang es, eine Reihe wichtiger Persönlichkeiten für das erneute Restaurierungsprojekt zu motivieren. Am 6. März 1933 durfte er zusammen mit dem Hessischen Gesandten in Berlin, Ministerialrat Dr. Edward, im Haus des Reichspräsidenten von Hindenburg und im Reichsministerium des Inneren sein Anliegen vorbringen. Nach einem Vortrag Jungkenns im Südwestdeutschen Rundfunk am Ostersonntag 1933 wurde die Sanierung schließlich als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ab Herbst 1934 genehmigt. Den Gepflogenheiten der Zeit folgend, wurden viele Werksteinbauteile mit Steinmetzzeichen in Form von Hakenkreuzen signiert.
weiterführende Literatur
[1]
Paul Meißner: Zur Baugeschichte der Katharinenkirche zu Oppenheim. In Beiträge zur Kunst und Geschichte des Mainzer Lebensraumes. Festschrift für Ernst Neeb. Mainz 1936, S. 64-80.
[2]
Georg Zimmermann: Paul Meissner, ein Darmstädter Baukünstler. In: Archiv für hessische Geschichte der Altertumskunde, Jahrgang 1991, S. 291–342.
[3]
Helmut Böhme: Die Technische Hochschule Darmstadt 1933–1945. Blick auf Dozentenvertreibungen und Widerstand. In: Exodus der Wissenschaften und der Literatur. Darmstadt 2004, S. 13–36.
[4]
Annegret Holtmann-Mares, Christiane Salge (Hrsg.): Paul Meißner (1868–1939). Ein Architekt zwischen Tradition und Aufbruch. Spurbuch-Verlag, Baunach 2019
C. Hertel, Katharinenkirche – Innere Ansicht des Westchors (1876).
Westchor, Katharinenkirche Oppenheim, Gewölbeuntersicht.

1934-1937

Das spätgotische Westchorgewölbe

Das heutige Gewölbe im Westchor der Oppenheimer Katharinenkirche stammt aus der Wiederherstellungsphase von 1934-1937. Es berücksichtigt die nach dem Gewölbeeinsturz von 1703 verbliebenen Gewölbeansätze sowie drei im Original erhaltene Knotenpunkte. 2012 konnte im Musterbuch des Straßburger Münsterbaumeisters Hans Hammer, einer Sammlung von mittelalterlichen Architekturzeichnungen, die Grundrisszeichnung der Oppenheimer Gewölbefigur im Westchor gefunden werden. Wie im Vergleich mit dem heutigen Grundriss zu sehen ist, entspricht die Proportion der Gewölbejoche und die nach 1703 nur noch in Ansätzen bestehende Rippenführung in den meisten Details dem heutigen Baubefund.
weiterführende Literatur
[1]
Julian Hanschke: Das spätgotische Gewölbe des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche. Rekonstruktion nach einem mittelalterlichen Bauplan. In situ – Zeitschrift für Architekturgeschichte, IV (2012), S. 69–76.
[2]
[3]
[4]
Gegenüberstellung des heutigen, von Paul Meißner bis 1937 rekonstruierten Gewölbes (links) mit dem ursprünglichen Gewölbe nach dem Bauplan im Musterbuch des Hans Hammer (Fotomontage rechts).
Gewölbegrundriss des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche im Skizzenbuch des Hans Hammer.

1934–1937

Nichts bleibt für die Ewigkeit

Bereits wenige Jahrzehnte nach der großen Restaurierung im 19. Jahrhundert war es erforderlich, abermals Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Einige Werksteine waren erneut verwittert, und es gab Bedenken zur Statik des Vierungsturms sowie Probleme mit der Entwässerung des Daches. Paul Meißner, der Denkmalpfleger von Rheinhessen, leitete 1934 – 1937 die erforderlichen Restaurierungsmaßnahmen. Unter anderem nahm Meißner die Rekonstruktion des Westchorgewölbes vor. Von Meißner stammt auch die Verstärkung des Vierungsturms sowie die Treppe aus Stahlbeton, die zur heutigen Aussichtsplattform im Vierungsturm führt; auch an der Bauskulptur und dem Maßwerk tauschte er einige Teile aus. Man nutzte dafür einen härteren Buntsandstein in der Hoffnung, dieser würde mehr Bestand haben. als der von Schmidt 1878 gewählte Sandstein. Dass diese Instandsetzung in den 1930er Jahren erfolgte, ist heute noch an dem als Steinmetzzeichen verwendete Hakenkreuz zu erkennen. Der härtere Sandstein half allerdings nur bedingt, den Verwitterungsprozess der Bausubstanz aufzuhalten. Auch in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg mussten immer wieder Restaurierungs- und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden: der Austausch von Teilen der Bauskulptur an der Südfassade erfolgten in den Jahren 1957-1977 und 1985-1986. Damit die Katharinenkirche auch weiterhin in ihrem Glanz erstrahlen kann, werden auch künftig immer wieder Instandhaltungsarbeiten erforderlich sein.
weiterführende Literatur
[1]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[2]
Spengler, Otto: Die Restaurierungsarbeiten an der St. Katharinenkirche seit 1957. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 537‒83.
[3]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[4]
Treppenmodell Vierungsturm in kleinem Maßstab

1934–1937

Ein Puzzlespiel auf dem Reißbrett

Nach den umfangreichen Sanierungen im 19. Jahrhunderts hatte man den Westchor zwar überdacht und die Fensteröffnungen verglast, aber das 1703 eingestürzte Gewölbe wurde seinerzeit nicht rekonstruiert. Erhalten hatten sich jedoch die Ansätze des Gewölbes. Auch drei der mittelalterlichen Knotenpunkte von den Kreuzungspunkten der Rippen waren erhalten geblieben. Offensichtlich hatte sich im Spätmittelalter im Westchor ein aufwändiges Gewölbe befunden. Paul Meißner entwickelte 1934 –1937 eine Rekonstruktion mit Sternformen, die noch heute zu sehen ist. In das Gewölbe mit mittelalterlich nachempfundene Knotenpunkten und Blattwerk wurden neue, runde Schlusssteine nach dem Entwurf des Bildhauers Heinrich Jobst (Darmstadt) integriert. Sie zeigen Maria mit dem Kind und der Heiligen Katharina, das Lamm Gottes und eine weitere Mutter Gottes mit Kind. Wie bei den älteren Restaurierungskampagnen, erstellte man für die Knotenpunkte und Schlusssteine zunächst Gipsmodelle. Die großen Knotenpunkte aus Gips lagern heute noch auf dem Dachboden des Westchors. Von den Modellen der neuen Schlusssteine sind die drei größten im Vierungsturm aufgehängt.
weiterführende Literatur
[1]
Jungkenn, Ernst: Die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim. In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 1937, S. 24‒27.
[2]
Jungkenn, Ernst: Die Oppenheimer Katharinenkirche. Der Ausbau und die Wiederherstellung nach 1689 bis 1938. Aus: Festschrift für Ludwig Clemm. Gleichzeitig erschienen als: Archiv für hessische Geschichte, Band 28 und Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung, Band 14. Oppenheim 1963, S. 143 ‒ 167.
[3]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[4]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
Überdachter Westchor mit Gewölberesten 1927
Zeichnung eines originalen Knotenpunktes
pictgipsmodellfuereinenneuenschlusssteine.jpg

1927

Geschichte sichtbar machen – eine öffentlich zugängliche Sammlung im Westchor

Bereits im frühen 20. Jahrhundert entstand der Gedanke, die Sammlung an Architekturelementen und Bauskulptur öffentlich zugänglich zu machen. Dekan Schäfer plädierte 1925 für die Einrichtung eines Museums. Bereits zwei Jahr später wird im Westchor und im Anbau der Sakristei eine entsprechende Ausstellung eröffnet. Dabei wurden mittelalterliche Steinfragmente und etwa 100 Gipsstücke der Restaurierungskampagne von 1878-1889 ausgestellt. Einen Eindruck von der Ausstellungsinszenierung geben Fotos der damaligen Situation. Nebst den Baufragmenten wurden auch Baupläne, Zeichnungen sowie weitere historische Drucke ausgestellt. Der Ausbau der Sammlung wurde durch die Bauräte Rothamel (Worms) und Böckmann (Oppenheim) sowie den Regierungsbaumeister Zicher (Wiesbaden) und Professor Meißner (Darmstadt) durchgeführt. Die feierliche Eröffnung der Ausstellung fand am 12.6.1927 statt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Sammlung geschlossen; eine geplante Wiedereröffnung nach 1951 scheiterte. Mit der jetzigen Neugestaltung eines freizugänglichen, barrierefreien Ausstellungsbereiches in der Kirche werden ausgewählte Objekte wieder zugänglich gemacht. Weitere Exponate sind im Lapidarium neben dem Beinhaus zu besichtigen.
weiterführende Literatur
[1]
Jungkenn, Ernst: Die Oppenheimer Katharinenkirche. Der Ausbau und die Wiederherstellung nach 1689 bis 1938. Aus: Festschrift für Ludwig Clemm. Gleichzeitig erschienen als: Archiv für hessische Geschichte, Band 28 und Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung, Band 14. Oppenheim 1963, S. 143 ‒ 167.
[2]
Merz, Heinz: Archiv und Museum der Katharinenkirche. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 9‒37.
[3]
[4]
Museumseinrichtung 1927 im Westchor und der Sakristei.
Museumseinrichtung 1927 im Westchor und der Sakristei.
pictmuseumseinrichtung19273.jpg

1889

Inschrift am Südquerhaus

Am Südquerhaus zeugt außen eine Inschrift von der Restaurierungskampagne: „Ausgebaut · und · wiederhergestellt vom 1 · Juli · 1878 · bis · 31 · Mai 1889“. Der Festakt zum Ende der Wiederherstellungsarbeiten fand am 31. Mai 1889 statt. Schmidt konnte seine Arbeiten nicht auf den Westchor ausdehnen. Deswegen wurden der Baukörper und seine Anbauten von ihm lediglich unter Dach gesetzt und mit der Verglasung der offenen Fenster begonnen.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
Bauinschrift am Südquerhaus.

1880

Akribisches Arbeiten - Abgüsse und Modelle bei der Restaurierung um 1880

Unter der Leitung des Kenners der gotischen Architektur, Friedrich von Schmidt, wurde die Katharinenkirche 1878-1889 aufwändig instand gesetzt. Er orientierte sich dabei am historischen Baubestand. Allerdings war die Bauskulptur in einem schlechten Erhaltungszustand. Damit man aber eine Vorlage für die Rekonstruktion vor Augen hatte, wurde viel Figuren und Blattschmuck zunächst in Gips abgegossen; auch Inschriften am Bau wurden entsprechend gesichert. Bei sehr plastischen Bauteilen wurde die Abgussform aus mehreren Teilen zusammengesetzt. Diese Arbeitsweise lässt sich noch heute durch entsprechende Nahtstellen der einzelnen Gussschalen nachweisen. Auf Grundlage dieser Abgüsse wurde dann Modelle aus Gips gefertigt, die schließlich in Stein ausgearbeitet wurden Von den damals erstellten Abgüssen und Modellen haben sich etwa 100 Abgüsse und über 100 Modelle und 15 Gussschalen erhalten.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70.
[3]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
[4]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
Stark verwitterter Fassadenschmuck am südlichen Langhaus vor der Restaurierung
Beispiel für Nähte an den Übergängen der Gussschalenteile, hier der Kopf eines Wasserspeiers

1878-1889

Stein, Metall, Papier, Gips – Materialien der Restaurierung von 1879

Die einmalige Leistung der Restaurierung von 1878 - 1889 zeigt sich auch in der Vielfalt der verwendeten Materialien und angewandten Arbeitsmethoden. Zu Beginn der Maßnahme wurde die gesamte Kirche vermessen. Auf diese Weise entstanden sehr detaillierte Pläne. Für die Bauphase forderte man Probesteine von verschiedenen Steinmetzen und Steinbrüchen an, um eine fundierte Entscheidung für Material und Personal treffen zu können. Für die neu anzufertigenden Werksteine wurden über 500 Metallschablonen benötigt, deren Umrisse auf den Stein übertragen wurden; eine Technik, die seit dem Mittelalter praktiziert wird. Für die Restaurierung der verwitterten Bauornamenten wurden Gipsabgüsse und Gipsmodelle im Maßstab 1:1 angefertigt. Die original erhaltenen mittelalterlichen Bauornamente wurden bei der Erstellung der Modelle berücksichtigt. Für neue Formen wurden ebenfalls Gipsmodelle in gotischer Formensprache geschaffen. Die Gipsmodelle wurden danach in Stein übertragen und am Bau eingesetzt. Teilweise wurden nur die stark beschädigten Teile ausgetauscht; man war bemüht, die originale Bausubstanz so weit wie möglich zu erhalten.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
[3]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70
[4]
Bonhard, Otto / Schmidt, Heinrich von: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim am Rhein. Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1889 zugleich dem 200jährigen Erinnerungstage der Zerstörung Oppenheims. Oppenheim 1889.
Modell für einen auszutauschenden Kopf eines Wasserspeiers

1878-1889

Restaurierung, Rekonstruktion und Neuschöpfung im späten 19. Jahrhundert

Bei der Instandsetzung der Katharinenkirche in den Jahren 1878-1889 bemühte man sich, möglichst nah an der historischen Bausubstanz zu bleiben. Ein gutes Beispiel für diese Vorgehensweise ist der Vierungsturm: Obwohl die Bevölkerung gerne einen durchbrochen gearbeiteten Maßwerkhelm auf dem Vierungsturm gesehen hätte, stellte man ^- in Anlehnung an alte graphische Ansichten - den einfachen Helm wieder her. Nur bei Partien, bei denen eindeutige Vorlagen fehlten, wurden neue Formen – in Anlehnung an zeitgleiche gotische Architektur – ergänzt. So wurden die Maßwerkbrüstungen auf Quer- und Langhaus sowie die Fialen und Satteldächer der Strebepfeiler an den Ostteilen ergänzt. Das Strebewerk des Langhauses der Katharinenkirche war im Mittelalter nie komplett ausgeführt worden. Das Strebewerk errichtete man in Anlehnung an Formen aus Straßburg und Köln. Hierfür wurden zunächst Modelle aus Gips angefertigt. Für die neuen Krabben auf den Rücken der Strebebögen haben sich alle Modelle erhalten. Bei der Restaurierung der Katharinenkirche wurde großer Wert darauf gelegt, möglichst viel originale Bausubstanz zu erhalten.
weiterführende Literatur
[1]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[2]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
[3]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[4]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
Idealisterte Ansicht der Katharinenkirche mit einem nie vorhandenen Maßwerkhelm.
Rosenkrabbe vom südlichen Wimper des Langhauses: Krabbe an der Fassade 1877, ausgebautes Original, Modell 1880, Umsetzung in Stein an der Fassade.

1878-1889

Die Restaurierung in den Jahren 1878-1889

Nach der Sanierung in den 1830er Jahren war man mit der Qualität der baulichen Ausführung nicht zufrieden. Der Kirchenvorstand äußerte 1868 den Wunsch, dass die Katharinenkirche stilgerecht restauriert werden sollte. So wurde im Jahr 1873 ein Bauverein zur Wiederherstellung der Kirche gegründet. Das Geld für die Restaurierung wurde nun gesammelt: Mit 200.000 Reichsmark übernahm zudem die Hessische Ständekammer einen großen Teil der Finanzierung. Unter der Leitung von Friedrich von Schmidt fanden im Zeitraum von 1878 bis 1889 die größten Restaurierungsmaßnahmen an der Katharinenkirche statt. Das Ziel bestand in einer stilgerechten Restaurierung. Friedrich von Schmidt galt als einer der großen Kenner der gotischen Baukunst seiner Zeit und hatte auch durch die lange Beschäftigung am Kölner Dom und in Wien die erforderlichen Erfahrungen. Unterstützung erhielt er durch seinen Sohn Heinrich, der die Baustelle vor Ort leitete. 1878 wurde mit der Restaurierung der Außenwände begonnen. Ab 1884/85 fanden Arbeiten im Innenraum statt. Die historischen Fotografien von Carl Hertel zeigen die tiefgreifenden architektonischen Veränderungen, die vorgenommen wurden.
weiterführende Literatur
[1]
Bonhard, Otto / Schmidt, Heinrich von: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim am Rhein. Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1889 zugleich dem 200jährigen Erinnerungstage der Zerstörung Oppenheims. Oppenheim 1889.
[2]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[3]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[4]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
Die Katharinenkirche vor und nach der Restaurierung 1879

1878-1889

Auf Spurensuche nach dem Vorgängerbau.

Aus der Bauphase der Spätromanik sind oberirdisch nur die beiden Westtürme und Teile der Wand im Mittelschiff der Kirche erhalten geblieben. Während der Restaurierung der Katharinenkirche in den Jahren 1878 - 1889 wurden Reste des Fundamentes des romanischen Kirchenschiffes gefunden. Der äußeren Mauerzüge des Vorgängerbaus ließen sich damit einwandfrei nachweisen. Die Länge der spätromanischen Kirche entsprach in etwa dem heutigen Langhaus. Leider sind die detaillierten Aufzeichnungen der Ausgrabungen inzwischen verschollen. Neben den Außenwänden des Vorgängerbaus entdeckte man unter der westlichen Hälfte der heutigen Vierung die Baugrube einer halbkreisförmigen Apsis. Hieraus ist zu schließen, dass die Breite des romanischen Mittelschiffes der Dimension des gotischen Mittelschiffs entsprach. Allem Anschein nach ging man beim gotischen Neubau offenbar recht pragmatisch vor, indem man bestehende Fundamentierungen erneut verwendete.
weiterführende Literatur
[1]
Heinrich von Schmidt: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim a. Rh., Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1689. Oppenheim 1889, S. 10f.
[2]
[3]
[4]
Die geringe Höhe der Turmhallen verweisen auf die sehr niedrigen Seitenschiffe des romanischen Vorgängerbaus.
Grundriss des heutigen Langhauses mit der Ostanlage.
Rekonstruktionsversuch zum spätromanischen Vorgängerbau.

1878

Friedrich von Schmidt und die Oppenheimer Katharinenkirche

Eine frühe Auseinandersetzung Friedrich von Schmidts mit der Oppenheimer Katharinenkirche stellt die von ihm entworfene Wiener Lazaristenkirche dar, die sowohl in der Bildung der Kubatur, als auch in der Gestaltung von Grundriss und Aufriss enge Parallelen zu den östlichen Partien der Oppenheimer Katharinenkirche aufweist. Der Formensprache der Katharinenkirche unmittelbar entlehnt ist die Gestalt des Vierungsturms mit den kleinen oberen Maßwerklauben über den spornförmig vortretenden Pfeilern. Auch die Gestaltung des Chores - einschließlich Pfeilergliederung und Maßwerkfenster - geht auf das Vorbild Oppenheim zurück. Ein weiteres Beispiel für die Rezeption der Oppenheimer Katharinenkirche in Schmidts schöpferischem neugotischen Werk ist die Kapelle des Wiener Sühnhauses, deren großes Maßwerkfenster die Grundformen der Oppenheimer Rose wiederholte. Bedauerlicherweise ist das Sühnhaus nach teilweiser Kriegszerstörung 1951 abgebrochen worden.
weiterführende Literatur
[1]
Heinrich Freiherr von Schmidt: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim a. Rh., Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1689. Oppenheim 1889.
[2]
Ulrike Planner-Steiner, Klaus Eggert, Renata Kassal-Mikula: Die Wiener Ringstrasse; Bd. 8. Die Bauten und ihre Architekten; 2. Wiesbaden 1978.
[3]
[4]
Sühnhauskapelle, Fotografie um 1890.

1878

Die große Restaurierung der Oppenheimer Kirche

Für die große Restaurierung der Oppenheimer Kirche konnte 1878 der berühmte Dombaumeister Friedrich von Schmidt gewonnen werden. Als Bauleiter vor Ort fungierte sein Sohn, Heinrich von Schmidt, der in der Michaelskapelle ein Baubüro und Planarchiv einrichtete und den Fortgang der Sanierungsarbeiten vor Ort überwachte. Friedrich von Schmidt galt seinerzeit als einer der wichtigsten Kenner der gotischen Baukunst. 1862 war ihm die Oberleitung der Bauhütte von St. Stephan in Wien angetragen worden. Ein Jahr später wurde er zum Dombaumeister ernannt und widmete sich fortan der Abtragung und Wiedererrichtung des desolaten Maßwerkhelms über dem Südturm von St. Stephan in Wien. Auch im neugotischen Kirchenbau hatte sich Schmidt zu dieser Zeit bereits einen Namen gemacht.
weiterführende Literatur
[1]
Heinrich Freiherr von Schmidt: Der Ausbau und die Wiederherstellung der St. Katharinenkirche zu Oppenheim a. Rh., Festschrift zur Feier der Vollendung am 31. Mai 1689. Oppenheim 1889.
[2]
Ulrike Planner-Steiner, Klaus Eggert, Renata Kassal-Mikula: Die Wiener Ringstrasse; Bd. 8. Die Bauten und ihre Architekten; 2. Wiesbaden 1978.
[3]
[4]
Heinrich von Schmidt, Längsschnitt durch St. Katharinen.

1873

Jacob Adolf Lippold

Zum Dank für seinen Einsatz um den Erhalt der Katharinenkirche erhielt Dr. Lippold die Ehrenbürgerschaft der Stadt Oppenheim. Der in Mainz geborene Lippold engagierte sich daneben auch stark für die Entwicklung des Seenotrettungswesens.
weiterführende Literatur
[1]
https://web.rgzm.de/ueber-uns/presse/pressemitteilungen/pm/article/sonderausstellung-die-seenotretter-ueber-buergermut-und-buergersinn-in-mainz/
[2]
[3]
[4]

1841

Das Holzgewölbe von 1841

Im Rahmen der ersten große Sanierung der Kirche wurde 1841 statt der Flachdecke eine Gewölbedecke aus Holz im Mittelschiff eingezogen. Dieses besaß Kreuzrippen und Schlusssteine, die sich an erhaltenen, originalen Vorlagen in der Kirche orientieren. Die Schlusssteine des Gewölbes wurden – wie die neuen Blattornamente der Seitenkapellen – aus Gips gefertigt. Bereits im späten 19. Jahrhundert ersetzte man das Holzgewölbe wieder durch ein steinernes Gewölbe. Einige der damals ausgebauten Schlusssteine aus Gips sind in der Architektur-Sammlung der Katharinenkirche erhalten geblieben.
weiterführende Literatur
[1]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[2]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Prof. Dr. Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70.
[3]
Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70. Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[4]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
Mittelschiffgewölbe, heutiger Zustand.
Johannes Ruland, Innenansicht der Katharinenkirche um 1790 mit Flachdecke.

1834-1845

Der Umbau der Seitenkapellen

Als Ignaz Opfermann in der Zeit von 1834-45 die Katharinenkirche zum ersten Mal mit größerem Aufwand restauriert. In diesem Zuge werden die in das Seitenschiff ragenden Teile der mittelalterlichen Kapellen abgetragen. Dies geschieht jedoch nicht aus rein ästhetischer Empfindung, sondern aus Gründen der statischen Standsicherheit. Ursprünglich standen die überwölbten Kapellen mit einer Bogenreihung geöffnet zur Hälfte in den Seitenschiffen. Für die Doppelbögen wurden teilweise die alten Stützen benutzt. Für die Konsolen und teilweise auch die Kapitelle der Kapellen stellte man Blattornamente aus Gips auf einem Steinkern her. Einige Stücke von diesem Blattschmuck sind heute noch in der Sammlung vorhanden, da man bei der nachfolgenden Instandsetzung einiges an Gipsschmuck komplett durch steinerne Ornamentik ersetzte. Die zurückgesetzten Arkaden sind heute noch in diesem Zustand zu sehen; die Bemühungen in der Folgezeit, die Kapellen wieder zu rekonstruieren, wurde nicht realisiert.
weiterführende Literatur
[1]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[2]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
[3]
Schöbel, Tina: Bauornament, Abguss, Modell – Gips bei der Restaurierung gotischer Bauskulptur im 19. Jahrhundert. In: Entwerfen und Verwerfen. Planwechsel in Kunst und Architektur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Festschrift zum 65-Jubiläum von Prof. Dr. Matthias Untermann herausgegeben von Marlene Klein, Charlotte Lagemann und Christa Syrer. Heidelberg 2022, S. 55–70.
[4]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
Blick in die Seitenkapellen
Die umgebauten Kapellen heute

1834-1845

Ignaz Opfermann leitet die erste große Sanierungsmaßnahme

Der Mainzer Kreisbaumeister Ignaz Opfermann leitete die erste große Sanierungsmaßnahme des Kirchenbaus von 1834 - 1845. In diesem Rahmen erfolgte der Rückbau der Kapellen in den Seitenschiffen und der Einzug eines Holzgewölbes an Stelle der Flachdecke. Diese Baumaßnahme erfolgte aus Gründen der Standsicherheit. Ursprünglich standen die überwölbten Kapellen zur Hälfte in den Seitenschiffen. Während der Sanierung wurden die in das Seitenschiff ragenden Teile der mittelalterlichen Kapellen abgetragen. Der ursprüngliche Vorschlag, den nicht benötigten Westchor abzureißen und das Baumaterial wiederzuverwenden, wurde glücklicherweise nicht realisiert. Allerdings bleibt der Westchor nach der Sanierung als dachlose Ruine neben der Kirche stehen.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
[3]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[4]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
Der Westchor der Katharinenkirche in ruinösem Zustand.
Franz Hubert Müller, Ansicht der Langhauskapellen (Rekonstruktionsversuch).

1834-1845

Erhalten und bewahren – Mittelalterliche Originale der Bauskulptur

Die Katharinenkirche besitzt vor allem an der Südfassade des Langhauses eine reiche Bauornamentik mit Blättern, Gesichtern und Fabelwesen. Diese Gestaltung geht mit wenigen Ausnahmen auf die mittelalterliche Gestaltungsidee zurück. Im Verlauf der Jahrhunderte hat der Zahn der Zeit auch vor der Bauskulptur der Katharinenkirche nicht Halt gemacht. Bei Restaurierungsarbeiten wurde Bauschmuck ersetzt, ausgebaut oder rekonstruiert. Man bemühte sich jedoch, möglichst viel der Originalsubstanz am Bauwerk zu belassen. Auch bei Restaurierungsarbeiten im 19. Jahrhundert ging man umsichtig mit der historischen Bauskulptur um. Dies lässt sich gut anhand eines Kopfes aus dem Wimperg der Südfassade belegen: Der Kopf wurde zunächst an der Fassade belassen und die beschädigten Partien mit Reparaturmasse ausgebessert; erst als der Kopf erneut Beschädigungen aufwies, wurde er durch eine Kopie ersetzt. Einige der ausgetauschten mittelalterlichen Stücke sind bis heute erhalten geblieben, darunter auch Bauelemente, die von inzwischen zerstörten Bauteil stammen. Dazu gehören sowohl die drei Knotenpunkte aus dem 1703 eingestürzten Gewölbe des Westchors als auch die beim Rückbau der Seitenkapellen 1834 - 1845 entfernten Schlusssteine und Kapitelle.
weiterführende Literatur
[1]
Schöbel, Tina u.a.: Inventarisierung von Architekturfragmenten und Gipsabgüssen der Katharinenkirche Oppenheim Mai – November 2013. Universität Heidelberg 2014.
[2]
[3]
[4]
Überreste mittelalterliche Kapitelle aus den Seeitenkapellen
Überreste mittelalterliche Kapitelle aus den Seeitenkapellen

1834-1845

Die erste umfassende Renovierung der Katharinenkirche

Ignaz Opfermann war ein deutscher Architekt und Baubeamter im Großherzogtum Hessen. Er entstammte einer Zimmermanns- und Schreinerfamilie aus Mainz. Auf Empfehlung Georg Mollers wurde Ignaz Opfermann 1832 Provinzialbaumeister der Provinz Rheinhessen. Zahlreich sind die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten, die Ignaz Opfermann leitete, darunter an der Katharinenkirche in Oppenheim, am Wormser Dom und der Liebfrauenkirche in Worms. Hinzu treten zahlreiche Neu- und Umbauten. Weiter gibt es eine Reihe von Privatbauten, die von ihm stammen, darunter auch eine Reihe von Hotels und Gasthäusern.
weiterführende Literatur
[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Ignaz_Opfermann
[2]
http://wikipedia.de.nina.az/Ignaz_Opfermann.html#Familie_und_Ausbildung
[3]
Friedrich Schneider: Opfermann, Ignaz, Baurath (Stichwort). In: Darstellung der Stadt Mainz und ihrer Denkmäler. Ausstellung 1879. Mainz 1879, S. 113–115.
[4]

1823

Franz Hubert Müllers Tafelwerk zur Oppenheimer Katharinenkirche

Dem ab 1823 herausgegebenen Werk über die Katharinenkirche gingen Jahre intensiver Vorarbeiten voraus. 1817 erfolgte die Anstellung als Galerie-Inspektor in Darmstadt. Gesichert ist, dass die prachtvollen, in Aquatinta-Technik ausgeführten Hauptansichten einschließlich der kolorierten Fensterblätter auf seiner Urheberschaft beruhen. Teile des übrigen Werkes wurden dagegen von Schülern seiner Darmstädter Zeichenschule angefertigt. Auch seine Frau war in das Unternehmen einbezogen. Den bedeutendsten Teil des Tafelwerkes bilden die Aquatinta-Blätter, welche das Äußere und Innere der Kirche auf insgesamt acht perspektivischen Ansichten wirkungsvoll in Szene setzen. Vorausgegangen war eine sorgfältige Bauaufnahme. Müllers Tafelwerk erschien ab September 1823 in acht Lieferungen und kostete die beachtliche Summe von 200 Gulden, was der »allgemeineren Verbreitung und Anerkennung dieses schönen Kunstwerkes etwas hinderlich« war, wie ein Artikel des Kunst-Blattes feststellt. Die Lieferung beginnt 1823 in jährlichen Abständen und gelangte nach mehr als fünf Jahren 1829 zum Abschluss.
weiterführende Literatur
[1]
Franz Hubert Müller: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Dritte Auflage, Frankfurt am Main 1853, S. 39.
[2]
Neuer Nekrolog der Deutschen, Dreizehnter, Jahrgang, 1835, S. 381.
[3]
Julian Hanschke: Oppenheim am Rhein in historischen Ansichten. Mainz 2006, S. 25-27.
[4]
F. H. Müller, Katharinenkirche – Ansicht von Südosten, 1829.
F. H. Müller, Katharinenkirche – Ansicht von Süden, 1829.

1823

Die Katharinenkirche und der frühe Denkmalsschutz

Spätestens mit dem Bildband von Franz Hubert Müller zur Katharinenkirche rückte der erhaltenswerter Bau des Mittelalters in den Fokus der frühen Denkmalpflege. In Jahr 1818 wurde eine erste Denkmalschutzverordnung im Großherzogtum Hessen erlassen. In der Folge gelang es, die Katharinenkirche in mehreren Etappen zu sanieren.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
[3]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[4]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
Oppenheim und St. Katharinen, Ansicht von Süden, Franz Hubert Müller, um 1823.

1821

Neue Wertschätzung gotischer Architektur

Georg Moller hat 1821 in sein Überblickswerk zur deutschen mittelalterlichen Architektur die Katharinenkirche aufgenommen und sie damit in den Rang eines zu würdigenden, gotischen Gebäudes von überragender Bedeutung erhoben.
weiterführende Literatur
[1]
Zimmermann, Georg: Restaurierung und Renovierungen der Katharinenkirche seit 1689. In: Servatius, Carlo / Steitz, Heinrich / Weber, Friedrich: St. Katharinen zu Oppenheim. Lebendige Steine ‒ Spiegel der Geschichte. Oppenheim 1989, S. 489‒535.
[2]
Schöbel, Tina: Sichern, Erhalten, Ergänzen – Restaurierungspraxis an der Katharinenkirche im 19. Jahrhundert. In: Oppenheimer Hefte 50 (2020), S. 52–67.
[3]
Held, Dorothea: "Im Interesse der Kunst und zur Ehre der deutschen Nation". Zur Wiederherstellung von St. Katharinen in Oppenheim 1689 ‒ 1889. Alzey 2009.
[4]
Müller, Franz Hubert: Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim. Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Hauptband. 2. überarbeitete Auflage. Darmstadt 1836.
Ansicht der Katharinenkirche von Georg Moller.

1689-1708

Zerstörung und Wiederaufbau

Das mittelalterliche Langhaus der Katharinenkirche war mit einem Kreuzrippengewölbe versehen. Dieses Gewölbe stürzte nach den Zerstörungen durch französische Truppen im Jahr 1689 größtenteils ein. Bei der Wiederherstellung 1708 entschloss man sich, im Mittelschiff eine Flachdecke einzuziehen. Die Maßnahme ist durch eine heute kaum noch lesbare Inschrift im Dachraum belegt. Die Quadermalerei an den Wänden oberhalb der heutigen Gewölbekappen war ursprünglich von unten sichtbar. Sie zeigt, dass die Flachdecke des 18. Jahrhunderts etwa auf Höhe der Gewölbescheitel lag.
weiterführende Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
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Inschrift über dem Bogen zwischen Langhaus und Chor.

15. Jahrh.

Das spätgotische Gewölbe im Westchor

Wie ein räumlicher Rekonstruktionsversuch des Gewölbes veranschaulicht, war das alte Gewölbe großzügiger aufgebaut als heute. Zur Datierung des Gewölbes im Westchor liegen kontroverse Thesen vor: Das Musterbuch des Hans Hammer sowie eine erhaltene Planvariante legen eine Verbindung mit der Straßburger Münsterbauhütte nahe. Die Überlieferung zur Innenausstattung des Westchores, nämlich die Anschaffung eines Chorgestühls 1499 und der Bau einer Orgel 1508 lassen hingegen vermuten, dass das Gewölbe vergleichsweise spät eingezogen wurde. Demnach dürfte der neue Chor, der bereits 1439 geweiht worden war, erst sehr viel später mit einem Gewölbe ausgestattet worden sein.
weiterführende Literatur
[1]
Julian Hanschke: Das spätgotische Gewölbe des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche. Rekonstruktion nach einem mittelalterlichen Bauplan. In situ – Zeitschrift für Architekturgeschichte, IV (2012), S. 69–76.
[2]
[3]
[4]
Gegenüberstellung des heutigen, von Paul Meißner bis 1937 rekonstruierten Gewölbes (links) mit dem ursprünglichen Gewölbe nach dem Bauplan im Musterbuch des Hans Hammer (Fotomontage rechts).
Gewölbegrundriss des Westchores der Oppenheimer Katharinenkirche im Skizzenbuch des Hans Hammer.
20. Jahrh.
1934-1937
1934-1937
1934–1937
1934–1937
1927
1889
1880
1878-1889
1878-1889
1878-1889
1878-1889
1878
1878
1873
1841
1834-1845
1834-1845
1834-1845
1834-1845
1823
1823
1821
1689-1708
15. Jahrh.